Verordnung über Notgeld.
Vom 30. Oktober 1931*).
Auf Grund der Dritten Verordnung
des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung
politischer Ausschreitungen vom 6. Oktober 1931, Fünfter Teil,
Kapitel IX
(Notgeld, Reichsgesetzbl. I S. 537) wird verordnet:
§ 1
Als Notgeld im Sinne dieser Verordnung sind
anzusehen, ohne Rücksicht darauf, ob die Urkunden bereits nach anderen Rechtsvorschriften
Notgeld sind, |
- Marken, Münzen, Scheine oder sonstige Urkunden, die auf einen Geldbetrag lauten und im
Verkehr als Ersatz für das vom Reich, von der Reichsbank, der Deutschen Rentenbank oder
einer Privatnotenbank ausgegebene Geld verwendet werden, und zwar auch dann, wenn sie
auf Beträge lauten, über die Geld nicht ausgegeben ist,
- Schecks oder andere Anweisungen, die bestimmt oder geeignet sind, im Verkehr als
Zahlungsmittel verwendet zu werden und durch Ausfüllung von Vordrucken ausgestellt
werden, wenn in den Vordrucken bereits im Zeitpunkt ihrer Ausgabe ein bestimmter oder
bestimmbarer Geldbetrag oder eine bestimmte oder bestimmbare Menge anderer
vertretbarer Sachen angegeben ist; Schecks oder andere Anweisungen stehen solche
Urkunden gleich, die im wesentlichen denselben wirtschaftlichen Zwecken dienen, auch
wenn sie den Erfordernissen nicht genügen, die das bürgerliche Recht an Schecks
oder Anweisungen stellt (z. B. Ausgleichsschecks, Roggenanweisungen),
- Urkunden, die auf andere Rechnungseinheiten als das in Ziffer 1 bezeichnete Geld
lauten, sofern sie bestimmt oder geeignet sind, im Verkehr als Zahlungs- oder Tauschmittel
verwendet zu werden (z. B. Wärascheine, Bauanteile, Tauschzettel).
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§ 2
(1) Verboten ist |
- die Herstellung, Ausgabe, Weitergabe und Annahme von Notgeld,
- die Herstellung, Ausgabe, Weitergabe und Annahme von Vordrucken von Schecks und
Anweisungen der im § 1 Ziffer 2 bezeichneten Art,
- die Aufforderung, Notgeld und Vordrucke für Schecks und Anweisungen der im §
1 Ziffer 2 bezeichneten Art zu erwerben, sofern die Aufforderung
öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften oder anderen Darstellungen
geschieht,
- die Bereiterklärung, Notgeld anzunehmen, sofern die Bereiterklärung öffentlich
oder durch Verbreitung von Schriften oder anderen Darstellungen geschieht.
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(2) Von dem Verbot nach Abs. 1 sind ausgenommen
die Weitergabe und die Annahme von Notgeld, sofern sie zu dem Zwecke geschehen, das
Notgeld aus dem Verkehr zu ziehen. |
§ 3
(1) Bereits vor Inkrafttreten dieser Verordnung ausgegebenes
Notgeld der im § 1 Ziffer 1 und 3 bezeichneten Art hat der Aussteller
und bereits vor Inkrafttreten dieser Verordnung ausgegebenes Notgeld der im § 1 Ziffer 2 bezeichneten Art hat die angewiesene Stelle binnen einer Frist
von längstens einem Monat seit Inkrafttreten dieser Verordnung aus dem Verkehr
zu ziehen und zu vernichten. Vor Inkrafttreten dieser Verordnung ausgegebenes
Notgeld, das innerhalb der im Satz 1 bezeichneten Frist nicht aus dem Verkehr gezogen ist,
wird mit Ablauf dieser Frist ungültig, soweit es nicht auf Grund anderer
Rechtsvorschriften bereits zu einem früheren Zeitpunkt ungültig ist. Ansprüche aus den
der Ausgabe oder Annahme des Notgeldes zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse bleiben
unberührt.
(2) Notgeld, das nach Inkrafttreten dieser Verordnung ausgegeben wird, ist
ungültig.
§ 4
(1) Wer den Vorschriften der §§ 2, 3
zuwiderhandelt, kann unbeschadet einer nach anderen Vorschriften einzuleitenden
strafgerichtlichen Verfolgung mit einer Ordnungsstrafe bis zu zehntausend Reichsmark
bestraft werden, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft bis zu sechs
Wochen tritt.
(2) Notgeld, auf das sich die im Abs. 1 bezeichnete Handlung bezieht, ist zu
beschlagnahmen und einzuziehen. Die zu seiner Herstellung bestimmten Formen oder anderen
Gerätschaften können beschlagnahmt und eingezogen werden. Die Beschlagnahme und
Einziehung sind zulässig, auch wenn die Gegenstände nicht dem Täter oder einem
Teilnehmer gehören.
§ 5
Ansprüche auf Entschädigung gegen das Reich werden durch diese Verordnung nicht begründet.
§ 6
Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft.
Berlin, den 30. Oktober 1931.
Reichsminister der Finanzen
H. Dietrich
*) Veröffentlicht im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger Nr. 255 vom
31. Oktober 1931.
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