Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von
Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens.
Vom 8. Dezember 1931.
Auszug
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Seite |
Erster Teil: Preis- und Zinssenkung |
Kapitel I: |
Anpassung gebundener Preise an die veränderte Wirtschaftslage |
700 |
Kapitel II: |
Schutz gegen Überteuerung |
702 |
Kapitel III: |
Zinssenkung |
702 |
Kapitel IV: |
Aufhebung der Steuerverzugszuschläge. Senkung der Steuerzinsen |
704 |
Zweiter Teil: Wohnungswirtschaft |
Kapitel I: |
Geldentwertungsausgleich bei bebauten Grundstücken |
706 |
Kapitel II: |
Mietsenkung |
707 |
Kapitel III: |
Außerordentliche Kündigung von Mietverträgen |
708 |
Kapitel IV: |
Abbau und Beendigung der Wohnungszwangswirtschaft |
708 |
Kapitel V: |
Beamtenheimstätten |
709 |
Dritter Teil: Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung |
710 |
Vierter Teil: Sonstige wirtschaftliche Maßnahmen |
Kapitel I: |
Steuerliche Erleichterungen für die Aufteilung von Gesellschaften |
714 |
Kapitel II: |
Einheitsbewertung |
715 |
Kapitel III: |
Mineralwassersteuer |
715 |
Kapitel IV: |
Fonds für gewerbliche Genossenschaften |
715 |
Kapitel V: |
Handels-, gewerbe- und börsenrechtliche Vorschriften |
715 |
Kapitel VI: |
Ausprägung von Vierpfennigstücken |
716 |
Kapitel VII: |
Änderung der Vorschriften über Haushalts- und Schuldenwesen im Dritten
Teil der Dritten
Verordnung des Reichspräsidenten vom 6. Oktober 1931 |
716 |
Kapitel VIII: |
Spar- und Girokassen, Kommunale Kreditinstitute und Giroverbände sowie
Girozentralen |
716 |
Fünfter Teil: Sozialversicherung und Fürsorge |
Kapitel I: |
Krankenversicherung |
718 |
Kapitel II: |
Unfallversicherung |
719 |
Kapitel III: |
Knappschaftliche Versicherung |
722 |
Kapitel IV: |
Gemeinsame Vorschriften |
722 |
Kapitel V: |
Fürsorge |
724 |
Kapitel VI: |
Schlußvorschriften |
725 |
Sechster Teil: Arbeitsrechtliche Vorschriften |
Kapitel I: |
Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten |
726 |
Kapitel II: |
Soziale Wahlen |
727 |
Siebenter Teil: Sicherung der Haushalte |
Kapitel I: |
Umsatzsteuer |
728 |
Kapitel II: |
Vorauszahlung der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer |
731 |
Kapitel III: |
Reichsfluchtsteuer und sonstige Maßnahmen gegen Kapital- und Steuerflucht |
731 |
Kapitel IV: |
Börsenumsatzsteuer bei Kompensationsgeschäften |
737 |
Kapitel V: |
Realsteuern der Gemeinden |
738 |
Kapitel VI: |
Gehaltskürzung |
738 |
Achter Teil: Schutz des inneren Friedens |
Kapitel I: |
Maßnahmen gegen Waffenmißbrauch |
742 |
Kapitel II: |
Uniformverbot |
743 |
Kapitel III: |
Verstärkung des Ehrenschutzes |
743 |
Kapitel IV: |
Sicherung des Weihnachtsfriedens |
743 |
Neunter Teil: Schlußbestimmung |
745 |
Auf Grund des Artikel 48 Abs. 2 der Reichsverfassung wird folgendes verordnet:
[...]
Vierter Teil
Sonstige wirtschaftliche Maßnahmen
[...]
Kapitel VI
Ausprägung von Vierpfennigstücken
§ 2 Ziffer 3 des Münzgesetzes vom 30. August 1924
(Reichsgesetzbl. II S. 254) ist in folgender Fassung anzuwenden: |
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"Stücke über 1, 2, 4, 5, 10 und 50 Reichspfennige". |
[...]
Achter Teil
Schutz des inneren Friedens
Kapitel I
Maßnahmen gegen Waffenmißbrauch[1]
Waffenbesitz
§ 1
(1) Die obersten Landesbehörden oder die von ihnen
beauftragten Stellen können für ihren Amtsbereich oder Teile davon anordnen, daß der
Besitz von Schußwaffen und Munition, die den Vorschriften des Gesetzes über Schußwaffen
und Munition unterliegen, sowie von Hieb- und Stoßwaffen (§ 1 des Gesetzes
gegen Waffenmißbrauch) bei der Polizeibehörde anzumelden ist.
(2) Waffen und Munition, die sich in einem Bezirk befinden, für den eine
Anordnung nach Abs. 1 erlassen ist, können, wenn die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Sicherheit und Ordnung es erfordert, für die Geltungsdauer dieses Kapitels
in polizeiliche Verwahrung genommen werden. Der
Besitzer hat sie auf Erfordern an die Polizeibehörde abzuliefern. Die
Ablieferungspflicht kann auch auf Gegenstände erstreckt werden, die ihrer Natur nach
keine Waffen sind, aber von denen nach den Umständen anzunehmen ist,
daß sie als Waffen dienen sollen. Inhabern von Jahresjagdscheinen eines deutschen Landes
dürfen die zur Ausübung der Jagd gebrauchten Jagdwaffen nur abgefordert werden, wenn
gegen die Zuverlässigkeit des Inhabers bestehen. Die auf Grund dieser Vorschrift
getroffenen Maßnahmen unterliegen der Anfechtung nach den Bestimmungen des Landesrechts.
(3) Wer eine angeordnete Anmeldung oder Ablieferung vorsätzlich unterläßt oder
wer im Besitze von Gegenständen betroffen wird, von denen er weiß oder den Umständen
nach vermuten muß, daß sie der Anmeldung oder Ablieferung entzogen sind, wird mit
Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Wer die Tat fahrlässig
begeht, wird mit Geldstrafe bestraft. Neben der Strafe können die Gegenstände eingezogen
werden, auch wenn sie nicht dem Täter gehören.
Schußwaffen
§ 2
§ 16 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes
über Schußwaffen und Munition vom 12. April 1928 (Reichsgesetzbl. I S. 143) ist in
folgender Fassung anzuwenden: |
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"Waffen- (Munitions-) Erwerbsscheine oder
Waffenscheine dürfen nur an Personen, gegen deren Zuverlässigkeit keine Bedenken
bestehen, und nur bei Nachweis eines Bedürfnisses ausgestellt werden." |
§ 3
Wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne die nach § 5 des Gesetzes
über Schußwaffen und Munition erforderliche Genehmigung gewerbsmäßig Schußwaffen oder
Munition erwirbt, feilhält oder anderen überläßt oder wer gewerbsmäßig den Erwerb
oder das Überlassen solcher Waren vermittelt oder sich gewerbsmäßig zum Erwerb oder
Überlassen solcher Waren erbietet, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.
Hieb- und Stoßwaffen
§ 4
(1) Wer gewerbsmäßig Hieb- oder Stoßwaffen (§ 1 des Gesetzes
gegen Waffenmißbrauch) herstellen, erwerben, feilhalten oder anderen überlassen will
oder wer gewerbsmäßig den Erwerb oder das Überlassen solcher Waffen vermitteln will,
bedarf der Genehmigung der von der obersten Landesbehörde bestimmten Behörde. Die
Genehmigung kann unter Auflagen erteilt werden.
(2) Die obersten Landesbehörden sind ermächtigt, Vorschriften über den
Geschäftsbetrieb, einschließlich der Buchführung, der im Abs. 1 bezeichneten
Gewerbetreibenden zu erlassen.
§ 5
Die Verfügung, durch die die Genehmigung zum Gewerbebetriebe
versagt oder zurückgenommen wird, kann nach den für das Rechtsmittelverfahren gegen
polizeiliche Verfügungen geltenden Vorschriften der Landesgesetze angefochten
werden. Wo nach diesen ein verwaltungsgerichtliches Verfahren nicht besteht oder für
Fälle dieser Art nicht zulässig ist, finden die Vorschriften der §§ 20 und 21 der
Gewerbeordnung Anwendung.
§ 6
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne die nach § 4 erforderliche Genehmigung Hieb- oder Stoßwaffen gewerbsmäßig
herstellt, erwirbt, feilhält oder anderen überläßt, wird mit Gefängnis nicht unter
drei Monaten bestraft. Neben der Strafe können die Waffen eingezogen werden, auch wenn
sie nicht dem Täter gehören.
(2) Wer die von einer obersten Landesbehörde gemäß § 4
Abs. 2 erlassenen Vorschriften vorsätzlich oder fahrlässig übertritt, wird mit
Geldstrafe oder mit Haft bestraft.
§ 7
(1) Wer beim Inkrafttreten dieses Kapitels ein nach § 4 genehmigungspflichtiges Gewerbe betreibt, hat die Genehmigung binnen
einem Monat nach dem Inkrafttreten dieses Kapitels zu beantragen.
(2) Die Strafbarkeit gemäß § 6 tritt in diesem Falle erst
mit dem Ablauf eines Monats nach Inkrafttreten dieses Kapitels oder, falls der Antrag
innerhalb dieser Frist gestellt ist, mit Ablauf eines Monats nach einer endgültigen
Ablehnung ein.
§ 8
Auf die im § 4 bezeichneten Gewerbebetriebe
finden im übrigen die Vorschriften der Gewerbeordnung Anwendung.
Kapitel II
Uniformverbot[2]
§ 1
(1) Das Tragen von Abzeichen[3]
oder von einheitlicher Kleidung, die die Zugehörigkeit zu einer politischen Vereinigung
kennzeichnen, ist außerhalb der eigenen Wohnung verboten. Das Verbot gilt für jedermann.
(2) Wer dem Verbot zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis nicht unter einem
Monat, wenn mildernde Umstände vorliegen, mit Gefängnis oder mit Geldstrafe
bestraft, soweit nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe
bedroht ist.
§ 2
Die Vorschriften des § 1 finden keine
Anwendung, sofern und solange auf Grund des § 8 der Verordnung zur Bekämpfung
politischer Ausschreitungen vom 28. März 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 79) eine dem § 1 entsprechende Regelung getroffen ist oder wird.
Kapitel III
Verstärkung des Ehrenschutzes[4]
Um der zunehmenden Vergiftung des öffentlichen Lebens durch
Verunglimpfung anderer und der wachsenden Verhetzung im politischen Kampf
entgegenzuwirken, wird folgendes bestimmt:
§ 1
Steht im Falle der üblen Nachrede (§ 186 des Strafgesetzbuchs)
der Verletzte im öffentlichen Leben und ist die ehrenrührige Tatsache öffentlich
behauptet oder verbreitet worden und geeignet, den Verletzten des Vertrauens unwürdig
erscheinen zu lassen, dessen er für sein öffentliches Wirken bedarf, so ist die Strafe
Gefängnis nicht unter drei Monaten, wenn der Täter sich nicht erweislich in
entschuldbarem gutem Glauben an die Wahrheit der Äußerung befunden hat.
§ 2
Steht im Falle der Verleumdung (§ 187 des Strafgesetzbuchs) der
Verletzte im öffentlichen Leben und ist die ehrenrührige Tatsache öffentlich behauptet
oder verbreitet worden und geeignet, den Verletzten des Vertrauens unwürdig erscheinen zu
lassen, dessen er für sein öffentliches Wirken bedarf, so ist die Strafe Gefängnis
nicht unter sechs Monaten.
§ 3
In den Fällen des §§ 1, 2
kann das Gericht neben der Strafe und unabhängig von einer nach § 188 des
Strafgesetzbuchs zu verhängenden Buße auf eine an die Staatskasse zu entrichtende Buße
bis zu einhunderttausend Reichsmark erkennen.
§ 4
In Strafverfahren wegen Beleidigung bestimmt das Gericht, auch
wenn die Tat auf erhobene öffentliche Klage verfolgt wird, den Umfang der Beweisaufnahme,
ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.
§ 5
In allen Strafverfahren wegen Beleidigung, in denen die
Staatsanwaltschaft die Verfolgung übernimmt, ist das Schnellverfahren (§ 212 der
Strafprozeßordnung) auch dann zulässig, wenn der Beschuldigte sich weder freiwillig
stellt noch infolge einer vorläufigen Festnahme dem Gericht vorgeführt wird.
Kapitel IV
Sicherung des Weihnachtsfriedens
§ 1
(1) Für die Zeit bis zum 3. Januar 1932 einschließlich sind
öffentliche politische Versammlungen sowie alle politischen Versammlungen und Aufzüge
unter freiem Himmel verboten. Als politisch im Sinne dieser Vorschrift gelten alle
Versammlungen und Aufzüge, die zu politischen Zwecken oder von politischen Verbindungen
oder Vereinigungen veranstaltet werden.
(2) Für die gleiche Zeit ist es verboten, Plakate, Flugblätter und Flugschriften
politischen Inhalts an oder auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen anzuschlagen,
auszustellen, zu verbreiten oder sonst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
§ 2
(1) Wer dem Verbote des § 1 zuwider eine
Versammlung oder einen Aufzug veranstaltet, leitet oder dabei als Redner auftritt, wird,
soweit nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe
bedroht ist, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten, neben dem auf Geldstrafe
erkannt werden kann, bestraft. Wer dem Verbote des § 1 zuwider
an einer Versammlung teilnimmt oder den Raum dafür zur Verfügung stellt, wird
mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft; das gleiche
gilt für die Teilnahme an einem nach § 1 verbotenen
Aufzug.
Neunter Teil
Schlußbestimmung
Diese Verordnung tritt, soweit sie nicht anderes bestimmt, mit dem
auf ihre Verkündung folgenden Tag in Kraft.
Berlin, den 8. Dezember 1931.
Der Reichspräsident
von Hindenburg
Der Reichskanzler
Dr. Brüning
Der Stellvertreter des Reichskanzlers und Reichsminister der Finanzen
H. Dietrich
Der Reichsminister des Innern |
Mit Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt |
Groener |
Reichswehrminister
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