Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht.
(Wehrpflichtgesetz)
Vom 24. Januar 1962
Zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit der Deutschen Demokratischen
Republik beschließt die Volkskammer auf der Grundlage der Artikel 5 und 112 der Verfassung das folgende Gesetz:
E r s t e r A b s c h n i t t
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Allgemeine Wehrpflicht
(1) Zur Erfüllung der ehrenvollen nationalen Pflicht, das
Vaterland und die Errungenschaften der Werktätigen zu schützen, wird entsprechend dem
Willen und der Entschlossenheit der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik zur
Verteidigung der sozialistischen Heimat die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.
(2) Das Recht, den Dienst in der Nationalen Volksarmee freiwillig abzuleisten,
bleibt unberührt. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden entsprechende Anwendung, soweit
nicht gesetzliche Bestimmungen eine andere Regelung vorsehen.
§ 2
Inhalt der allgemeinen Wehrpflicht
Die allgemeine Wehrpflicht umfaßt die Verpflichtung, |
|
a) sich zur Erfassung zu melden,
b) zur Musterung und Diensttauglichkeitsuntersuchung zu erscheinen,
c) den Wehrdienst als aktiven Wehrdienst und Reservistenwehrdienst in der Nationalen
Volksarmee abzuleisten,
d) Veränderungen zur Person mitzuteilen. |
§ 3
Wehrpflichtige Bürger
(1) Die Wehrpflicht erstreckt sich auf die männlichen Bürger der
Deutschen Demokratischen Republik vom 18. bis zum vollendeten 50. Lebensjahr. Bei
Offizieren endet sie mit der Vollendung des 60. Lebensjahres.
(2) Im Verteidigungszustand unterliegen der Wehrpflicht alle männlichen
Bürger der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr.
(3) Staatenlose, die ihren Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik
haben, können auf Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen
Demokratischen Republik in die Wehrpflicht einbezogen werden.
§ 4
Meldung der Im Ausland lebenden Wehrpflichtigen in den Auslandsvertretungen der
Deutschen Demokratischen Republik
(1) Im Ausland lebende Wehrpflichtige haben den Aufforderungen,
die ihre Wehrpflicht betreffen, durch Meldung in den diplomatischen oder konsularischen
oder sonstigen von der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik bevollmächtigten
Vertretungen (nachfolgend Auslandsvertretungen genannt) Folge zu leisten. Sie haben die
ihnen erteilten Weisungen zu befolgen.
(2) Die hierzu notwendigen Anordnungen erläßt der Minister für Nationale
Verteidigung im Einvernehmen mit dem Minister für Auswärtige Angelegenheiten.
§ 5
Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person
(1) Wehrpflichtige, die erfaßt sind, haben unverzüglich über
die Änderung ihres Wohnsitzes oder die Absicht, ihren Aufenthaltsort für länger als
zwei Monate zu wechseln bzw. ins Ausland zu reisen, dem zuständigen Wehrkreiskommando
persönlich Mitteilung zu machen.
Änderungen des Namens, des Familienstandes, der Arbeitsstelle, des Berufes, der
Ausbildung oder ärztlich festgestellte schwere körperliche oder andere schwere
gesundheitliche Beeinträchtigungen sind unverzüglich dem Wehrkreiskommando schriftlich
mitzuteilen.
(2) Im Ausland lebende, erfaßte Wehrpflichtige haben solche Veränderungen, den
zuständigen Auslandsvertretungen zu melden.
(3) Das Wehrkreiskommando kann das persönliche Erscheinen des Wehrpflichtigen
anordnen, wenn es zur Berichtigung der Wehrkartei erforderlich ist.
§ 6
Mitteilungspflicht der Justizorgane und der Staatsanwaltschaft
Die Organe der Justiz und der Staatsanwaltschaft haben
die Verurteilung eines Wehrpflichtigen in einer Strafsache, die Strafvollstreckung und die
Straftilgung dem Wehrkreiskommando mitzuteilen.
§ 7
Rechte und Pflichten der Angehörigen der Nationalen Volksarmee
(1) Die einberufenen Wehrpflichtigen leisten den Fahneneid.
(2) Durch die Einberufung zum Wehrdienst werden die für die Bürger der Deutschen
Demokratischen Republik geltenden Grundrechte nur im Rahmen dieses Gesetzes und anderer
gesetzlicher Bestimmungen über den Wehrdienst eingeschränkt.
(3) Die Angehörigen der Nationalen Volksarmee haben ständig die
Kampfkraft der Nationalen Volksarmee zu stärken, Befehle und Dienstvorschriften strikt
einzuhalten und militärische Geheimnisse auch nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst zu
wahren und die Gebote der sozialistischen Moral und Ethik zu beachten.
(4) Die Angehörigen der Nationalen Volksarmee haben Anspruch auf medizinische,
materielle und kulturelle Betreuung nach den für die Nationale Volksarmee geltenden
Bestimmungen.
(5) Die einberufenen Wehrpflichtigen erhalten Wehrsold; längerdienende und
ständige Kader erhalten Dienstbezüge.
Die materielle Versorgung und soziale Betreuung der Unterhaltsberechtigten wird
gewährleistet.
Nach dem ehrenhaften Ausscheiden aus dem aktiven Wehrdienst sind den entlassenen
Wehrpflichtigen bevorzugt Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten zuzuweisen.
Näheres wird durch den Ministerrat der Deutsch Demokratischen Republik bestimmt.
Z w e i t e r A b s c h n i t t
Erfassung, Musterung und Einberufung
§ 8
Erfassung
(1) Die Wehrpflichtigen haben sich nach Aufforderung durch das
Wehrkreiskommando der Nationalen Volksarmee in der zuständigen Meldestelle der Deutschen
Volkspolizei zur Erfassung zu melden. Der Zeitpunkt der Erfassung wird vom Minister für
Nationale Verteidigung bestimmt.
(2) Nach Übersendung der Erfassungsergebnisse an die Wehrkreiskommandos werden die
Wehrpflichtigen in die Wehrkartei aufgenommen.
§ 9
Musterung
(1) Wehrpflichtige unterliegen vor ihrer erstmaligen Einberufung
zum Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee der Musterung. Durch die Musterung wird
festgestellt, welche Wehrpflichtigen für den Dienst in der Nationalen Volksarmee zur
Verfügung stehen.
(2) Zuständig für die Musterung sind die bei den Wehrkreiskommandos der
Nationalen Volksarmee zu bildenden Musterungskommissionen.
(3) Der Nationale Verteidigungsrat der Deutschen Demokratischen Republik erläßt
die Musterungsordnung und bestimmt den
Jahrgang und den Zeitpunkt für die Musterung.
§ 10
Meldepflicht zur Musterung
(1) Die Wehrpflichtigen haben nach Aufforderung durch das
Wehrkreiskommando der Nationalen Volksarmee vor der Musterungskommission zu erscheinen.
(2) Wehrpflichtige, die der Aufforderung zur Musterung nicht Folge leisten können,
haben die Hinderungsgründe dem Wehrkreiskommando unverzüglich zu melden. Die
Aufforderung zur Musterung gilt, bis den Wehrpflichtigen eine andere Entscheidung des
Wehrkreiskommandos mitgeteilt wird.
§ 11
Aufgaben der Musterungskommission
(1) Aufgabe der Musterungskommission ist die Feststellung der
Diensttauglichkeit und der Eignung der Wehrpflichtigen für die Teile und
einzelnen Waffengattungen der Nationalen Volksarmee. Die Musterungskommission hat bei der
Feststellung der Eignung die Bedürfnisse der Nationalen Volksarmee, die
beruflichen und anderen Qualifikationen und in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen
auch die Wünsche der Wehrpflichtigen zu berücksichtigen.
(2) Die Musterungskommission, entscheidet über das Vorliegen von
Ausschlußgründen und über Freistellung und Zurückstellung vom Wehrdienst entsprechend
den Bestimmungen dieses Gesetzes. Sie ist berechtigt, die hierzu notwendigen Erkundigungen
einzuholen.
§ 12
Untauglichkeit für den Wehrdienst
(1) In den Wehrdienst wird nicht einbezogen, wer wegen krankhafter
Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche, körperlichen Gebrechen oder aus anderen
gesundheitlichen Gründen für den Dienst in der Nationalen Volksarmee dauernd untauglich
ist. Der untaugliche Wehrpflichtige unterliegt nur den Pflichten nach den §§ 17 Satz 2 und 18 dieses Gesetzes.
(2) Wer vorübergehend untauglich ist, wird vom Wehrdienst zurückgestellt.
§ 13
Ausschluß vom Wehrdienst
(1) Vom Wehrdienst ist ausgeschlossen, |
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a) wer nicht im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte ist;
b) wer das Recht, im öffentlichen Dienst oder in leitenden Stellen im wirtschaftlichen
und kulturellen Leben tätig zu sein, verloren hat. |
(2) Vom Wehrdienst ist bis zur
Straftilgung ausgeschlossen, wer zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
(3) Vom Wehrdienst ist für die entsprechende Zeit ausgeschlossen, |
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a) wer sich in Strafhaft befindet;
b) gegen wen Maßregeln der Sicherung und Besserung angeordnet sind, sofern damit eine
Unterbringung verbunden ist. |
Wer sich in Untersuchungshaft
befindet, ist an der Ableistung des Wehrdienstes behindert.
(4) Werden aktiv dienende Angehörige der Nationalen Volksarmee wegen Begehung
strafbarer Handlungen verurteilt, ohne daß die Voraussetzungen der Absätze 1 oder -2
eintreten, so werden sie nicht vom weiteren Wehrdienst ausgeschlossen. Ihr Wehrdienst
verlängert sich um die Dauer der Strafverbüßung. |
§ 14
Freistellung und Zurückstellung aus besonderen Gründen
(1) Auf Antrag staatlicher oder gesellschaftlicher Einrichtungen und
Organisationen (Antragsteller) können Wehrpflichtige wegen ihrer fachlichen oder
sonstigen Qualifikation und der damit verbundenen Unabkömmlichkeit
vom Wehrdienst freigestellt oder zurückgestellt werden.
Der Antrag bedarf der Stellungnahme des zuständigen Organs, dem der Antragsteller
unterstellt ist.
(2) Auf Antrag des Wehrpflichtigen kann eine Zurückstellung vom Wehrdienst
erfolgen, wenn die Einberufung zu dem vorgesehenen Termin auf Grund seiner
Familienverhältnisse eine erhebliche Härte darstellen würde.
Der Antrag ist beim Rat des Kreises zur Stellungnahme und Weiterleitung an die
Musterungskommission einzureichen.
§ 15
Zurückstellung vom Grundwehrdienst bei Hochschulbesuch
(1) Wehrpflichtige, die Hochschulen besuchen, können für die
Dauer des Studiums vom Grundwehrdienst zurückgestellt werden. Auf Anordnung des
Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik kann diese Regelung
auch für die Hörer anderer Lehranstalten oder Wehrpflichtige, die in Berufsausbildung
stehen, ausgedehnt werden.
(2) Die Zurückstellung ist von der Hochschule oder der sonstigen
Ausbildungsstätte zu beantragen.
Der Antrag bedarf der Stellungnahme des zuständigen Organs, dem die Hochschule oder
sonstige Ausbildungsstätte unterstellt ist.
§ 16
Folgen der Freistellung oder Zurückstellung
(1) Bei Freistellung oder Zurückstellung vom Grundwehrdienst nach
den §§ 14 und 15 kann in verstärktem Maße eine
Heranziehung der Wehrpflichtigen zum Reservistenwehrdienst erfolgen, soweit nicht auch von
diesem Befreiung erteilt wurde.
(2) Wehrpflichtige, die von der Ableistung des Grundwehrdienstes zurückgestellt
wurden, können von diesem freigestellt werden, wenn sie mit besonderem Erfolg am
Reservistenwehrdienst teilgenommen haben.
§ 17
Meldepflicht bei Wegfall der Hinderungsgründe
Staatliche und gesellschaftliche Einrichtungen und Organisationen,
Hochschulen und andere Ausbildungsstätten haben den Wegfall der Gründe für die von
ihnen beantragte Freistellung oder Zurückstellung dem Wehrkreiskommando unverzüglich
mitzuteilen. Bei Wegfall der sonstigen Zurückstellungsgründe, der Ausschlußgründe oder
anderer Hinderungsgründe ist der Wehrpflichtige zur unverzüglichen Mitteilung
verpflichtet.
§ 18
Diensttauglichkeitsuntersuchung und Wiederholung der Musterung
(1) Die von der Musterungskommission getroffenen Feststellungen
entbinden den Wehrpflichtigen nicht davon, nach Aufforderung zur
Diensttauglichkeitsuntersuchung oder erneut zur Musterung zu erscheinen.
(2) Bei der Diensttauglichkeitsuntersuchung sind die dafür eingesetzten Ärzte
oder Kommissionen für Entscheidungen über die Diensttauglichkeit (§ 12)
zuständig.
§ 19
Beschwerderecht
(1) Gegen die im Ergebnis der Musterung oder der
Diensttauglichkeitsuntersuchung getroffene Entscheidung ist die Beschwerde zulässig. Sie
ist binnen einer Woche an das Wehrkreiskommando zu richten und hat keine aufschiebende
Wirkung. Wird der Beschwerde nicht stattgegeben, so ist diese zur
endgültigen Entscheidung an das Wehrbezirkskommando zu leiten.
(2) Die Entscheidungen der Musterungskommission über die Eignung der
Wehrpflichtigen für bestimmte Teile und Waffengattungen der Nationalen Volksarmee
unterliegen nicht der Beschwerde.
§ 20
Einberufung
(1) Die Wehrpflichtigen haben auf Grund des Einberufungsbefehls
zur Ableistung des Wehrdienstes zu erscheinen. Die Einberufung erfolgt auf Anordnung des
Ministers für Nationale Verteidigung durch die Wehrkreiskommandos. Mit dem im
Einberufungsbefehl festgesetzten Termin wird der einberufene Wehrpflichtige Angehöriger
der Nationalen Volksarmee.
(2) Hinderungsgründe sind unverzüglich mitzuteilen. Der Einberufungsbefehl gilt,
bis dem Wehrpflichtigen eine andere Entscheidung des Wehrkreiskommandos mitgeteilt wird.
D r i t t e r A b s c h n i t t
Aktiver Wehrdienst
§ 21
Dauer des Grundwehrdienstes
(1) Die Dauer des Grundwehrdienstes beträgt 18 Monate.
(2) Die Dauer des freiwilligen Dienstes in der Nationalen Volksarmee wird durch den
Erlaß über den aktiven Wehrdienst in der Nationalen
Volksarmee (Dienstlaufbahnordnung) bestimmt.
(3) Bereits geleisteter Dienst in der Nationalen Volksarmee wird auf den
Grundwehrdienst angerechnet, wenn er ohne Unterbrechung mindestens drei Monate dauerte.
§ 22
Alter für die Einberufung zum Grundwehrdienst
(1) Der gemusterte Wehrpflichtige kann vom vollendeten 18.
Lebensjahr bis zum 31. Dezember des Jahres, in dem er das 26. Lebensjahr vollendet, zum
Grundwehrdienst einberufen werden.
(2) Eine Einberufung zum Grundwehrdienst über dieses Alter hinaus bis
zum vollendeten 35. Lebensjahr kann nur erfolgen, wenn sich der Wehrpflichtige der
Ableistung des Grundwehrdienstes böswillig entzogen hat oder zeitweise von der
Ableistung des Wehrdienstes ausgeschlossen war.
§ 23
Beendigung des Grundwehrdienstes
(1) Der Grundwehrdienst (§ 21 Absatz 1) endet
mit Ablauf der für die Ausbildung vorgesehenen Dienstzeit und hat die Versetzung in die
Reserve zur Folge.
(2) Eine vorzeitige Beendigung des Grundwehrdienstes erfolgt nur, wenn nach den
§§ 12 bis 14 die Voraussetzungen dafür vorliegen.
(3) Auf Antrag des Angehörigen der Nationalen Volksarmee kann die Übernahme in
die längerdienenden oder ständigen Kader der Nationalen Volksarmee erfolgen.
§ 24
Wehrdienst der längerdienenden und ständigen Kader der Nationalen Volksarmee
Die längerdienenden und ständigen Kader der Nationalen
Volksarmee leisten ihren Dienst als aktiven Wehrdienst entsprechend den Bestimmungen über
den Dienst in der Nationalen Volksarmee.
§ 25
Wehrersatzdienst
Der Nationale Verteidigungsrat der Deutschen Demokratischen Republik bestimmt,
welcher Dienst in den anderen bewaffneten Organen als Ersatz für den aktiven Wehrdienst
oder Reservistenwehrdienst anerkannt wird.
V i e r t e r A b s c h n i t t
Reservistenwehrdienst
§ 26
Reserve
(1) Die Reserve der Nationalen
Volksarmee bilden die gedienten und ungedienten Wehrpflichtigen bis zur Vollendung des 50.
und Offiziere bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres.
Die der Reserve angehörenden Wehrpflichtigen werden Reservisten genannt.
(2) Die Reservisten gehören |
|
a) bis zum vollendeten 35. Lebensjahr und als Offiziere ab Dienstgrad
Major bis zum vollendeten 60. Lebensjahr zur Reserve I;
b) vom 30. bis zum vollendeten 50. und als Offiziere bis Dienstgrad Hauptmann bis zum
vollendeten 60. Lebensjahr zur Reserve II. |
§ 27
Reservistenwehrdienst
(1) Der Reservistenwehrdienst wird zur Erhöhung der
Kampffähigkeit und Einsatzbereitschaft der Nationalen Volksarmee durchgeführt. Die
Reservisten können zur Ausbildung oder zu Übungen im Rahmen des
Reservistenwehrdienstes einberufen werden.
(2) Für den Reservistenwehrdienst haben sich die Wehrpflichtigen, soweit nicht
eine Musterung in Betracht kommt, auf Diensttauglichkeit untersuchen zu lassen.
(3) Für die Freistellung und Zurückstellung gemäß § 14 sind
die Musterungskommissionen bei den Wehrkreiskommandos zuständig.
§ 28
Ausbildung und ihre Dauer
Wehrpflichtige, die noch keinen Grundwehrdienst in der Nationalen
Volksarmee geleistet haben, können zum Zwecke der Vermittlung militärischer
Grundkenntnisse für die Dauer bis zu drei Monaten oder zur Ausbildung als Offizier für
die Dauer bis zu sechs Monaten einberufen werden.
§ 29
Übungen und ihre Dauer
(1) Die Übungen dienen der Qualifizierung der
Reservisten.
(2) Die Dauer der Übungen beträgt für Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere |
|
der Reserve I höchstens drei Monate im Jahr,
der Reserve II höchstens zwei Monate im Jahr. |
(3) Die Gesamtdauer der Heranziehung
zu Übungen darf bei Soldaten und Unteroffizieren einundzwanzig und bei Offizieren,
vierundzwanzig Monate nicht überschreiten. |
§ 30
Überprüfung der Reservisten
Außer zur Ausbildung (§ 28) und zu Übungen
(§ 29) können Reservisten auf Anordnung des Nationalen
Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik zur Überprüfung ihrer
Kampffähigkeit und Einsatzbereitschaft kurzfristig einberufen werden.
F ü n f t e r A b s c h n i t t
Sonderregelung für den Verteidigungszustand
§ 31
Wehrdienst im Verteidigungszustand
(1) Bei Verkündung des Verteidigungszustandes haben sich alle
Wehrpflichtigen für den Wehrdienst bereitzuhalten. Sie können jederzeit, einberufen
werden.
Wenn es für die Verteidigung erforderlich ist, können Frauen, die diensttauglich
sind, vom 18. bis zum vollendeten 50. Lebensjahr zum medizinischen,
veterinärmedizinischen, zahnmedizinischen, technischen oder zu einem anderen Sonderdienst
in der Nationalen Volksarmee verpflichtet werden.
(2) Soweit Musterung notwendig ist, unterliegt sie einer besonderen Regelung durch
den Nationalen Verteidigungsrat der Deutschen Demokratischen Republik.
(3) Die gemäß den §§ 14 und 15
getroffenen Entscheidungen werden mit der Verkündung des Verteidigungszustandes
aufgehoben. Wehrpflichtige, bei denen die Voraussetzungen des § 13
vorliegen, können zum Wehrdienst herangezogen werden.
Der Minister für Nationale Verteidigung bestimmt die Richtlinien für die
weitere Freistellung und Zurückstellung vom Wehrdienst.
(4) Bereits erfaßte Wehrpflichtige, die sich bei Verkündung des
Verteidigungszustandes im Ausland aufhalten, haben sich unverzüglich in den zuständigen
Auslandsvertretungen zu melden.
(5) Die Entlassungen aus der Nationalen Volksarmee können im Verteidigungszustand
oder bei gespannter internationaler Lage durch Anordnung des Nationalen
Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik ausgesetzt werden.
S e c h s t e r A b s c h n i t t
Straf- und Schlußbestimmungen
§ 32
Strafbestimmungen
(1) Mit öffentlichem Tadel oder
Gefängnis bis zu drei Jahren und Geldstrafe oder mit einer dieser :Strafen wird bestraft,
wer vorsätzlich |
|
a) den Aufforderungen des Wehrkreiskommandos zur Erfassung (§ 8) oder Musterung (§§ 10 und 18) oder
Diensttauglichkeitsuntersuchung (§§ 18 und 27) nicht
oder nicht pünktlich Folge leistet;
b) als im Ausland lebender Wehrpflichtiger den Aufforderungen der Auslandsvertretung, die
seine Wehrpflicht betreffen, nicht oder nicht pünktlich nachkommt (§ 4);
c) über Veränderungen zur Person dem zuständigen Wehrkreiskommando oder der
Auslandsvertretung nicht unverzüglich Mitteilung macht oder der Meldepflicht vor
Verlassen der Deutschen Demokratischen Republik nicht nachkommt oder der Anordnung zum
Erscheinen im Wehrkreiskommando zwecks Berichtigung der Wehrkartei nicht Folge leistet (§
5);
d) der Mitteilungspflicht über den Wegfall der Freistellungs-, Zurückstellungs-,
Ausschluß- und sonstiger Hinderungsgründe nicht unverzüglich nachkommt (§ 17);
e) bei Verkündung des Verteidigungszustandes nicht unverzüglich der Meldepflicht in der
zuständigen Auslandsvertretung nachkommt (§ 31 Abs. 4). |
(2) In leichten Fällen oder wenn die
Tat fahrlässig begangen wurde, ist auf eine Ordnungsstrafe bis 500 DM zu erkennen.
(3) Wer dem Einberufungsbefehl zur Ableistung des Wehrdienstes nicht oder nicht
pünktlich Folge leistet oder sich dem Dienstantritt zur Ableistung des Wehrdienstes
für dauernd entzieht, wirdmit Gefängnis bestraft.
Der Versuch ist strafbar.
(4) Zuständig für die Durchführung des Ordnungsstrafverfahrens ist der Rat
des Kreises. Die Zuständigkeit kann auf die Organe der Nationalen Volksarmee übertragen
werden.
Für das Ordnungsstrafverfahren finden die Vorschriften der Verordnung vom 3.
Februar 1955 über die Festsetzung von Ordnungsstrafen und die Durchführung des
Ordnungsstrafverfahrens (GBl. I S. 128) Anwendung. |
§ 33
Zuführung
Bei unbegründetem Fernbleiben von der Erfassung, Musterung,
Diensttauglichkeitsuntersuchung oder Einberufung (§§ 8, 10,
18, 20 und 27) sowie bei
Nichtbefolgung der Anordnung zum persönlichen Erscheinen im Wehrkreiskommando (§ 5) kann die Zuführung durch die Deutsche Volkspolizei erfolgen.
§ 34
Bestimmungen zur Durchführung des Gesetzes
(1) Grundsätzliche Bestimmungen über die allgemeine Wehrpflicht
erläßt der Nationale Verteidigungsrat der Deutschen Demokratischen Republik.
(2) Durchführungsbestimmungen und militärische Dienstvorschriften werden vom
Minister für Nationale Verteidigung erlassen.
§ 35
Inkrafttreten
Das Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft.
Das vorstehende, von der Volkskammer am vierundzwanzigsten Januar
neunzehnhundertzweiundsechzig beschlossene Gesetz wird hiermit verkündet.
Berlin, den vierundzwanzigsten Januar neunzehnhundertundzweiundsechzig
Der Vorsitzende des Staatsrates
der Deutschen Demokratischen Republik
W. Ulbricht
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