Anordnung
der Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die
Erfassung der Wehrpflichtigen.
(Erfassungsordnung)
vom 24. Januar 1962 (GBl. I S. 13)
in der Fassung der Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der
Deutschen Demokratischen Republik vom 13. März 1963 zur Änderung der Erfassung-, der
Musterungs- und Reservistenordnung.[1]
Auf Grund des Gesetzes vom
24. Januar 1962 über die allgemeine Wehrpflicht (Wehrpflichtgesetz) (GBl. I S. 2)
wird für die Erfassung der Wehrpflichtigen angeordnet:
I. A b s c h n i t t
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Umfang der Erfassung
(1) Durch die Meldestellen der Deutschen Volkspolizei sind zu
erfassen: |
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a) die männlichen Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
vom 18. Lebensjahr bis zum vollendeten 50. Lebensjahr;
b) Staatenlose, sofern sie ihren ständigen Wohnsitz .im Gebiet der Deutschen
Demokratischen Republik haben, in der gleichen Altersgruppe wie unter Buchstabe a. |
(2) Bei Verkündung und während des
Verteidigungszustandes endet die Erfassung der männlichen Bürger mit der Vollendung des
60. Lebensjahres. |
Zeitpunkt der Erfassung
§ 2
(1) Die Erfassung erfolgt in der Regel in den Monaten Januar/Februar
eines jeden Jahres.
(2) Der Minister für Nationale Verteidigung bestimmt den Zeitpunkt, den zu erfassenden
Jahrgang und erläßt die Bekanntmachung der Erfassung.
(3) Die Erfassungstermine sind öffentlich, mindestens zwei Wochen vor dem ersten
Erfassungstag, durch die Wehrkreiskommandos bekanntzugeben.
§ 3
(1) Die Erfassung der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, die
der Reservegruppe I angehören und die beabsichtigen, ihren ständigen Wohnsitz im Ausland
zu nehmen bzw. sich länger als 12 Monate zeitweilig im Ausland aufzuhalten, erfolgt vor
Antritt der Ausreise aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik. Sie haben sich
zum Zwecke der Erfassung mindestens vier Wochen vor der beabsichtigten Ausreise bei der
für ihren Wohnsitz zuständigen Meldestelle der Deutschen Volkspolizei zu melden.
(2) Die Erfassung der im Abs.1 genannten Wehrpflichtigen ist durch die Meldestellen der
Deutschen Volkspolizei unabhängig von den zur Erfassung aufgerufenen Jahrgängen
durchzuführen.
II. A b s c h n i t t
Die Erfassung
§ 4
Anmeldepflicht und Vorlage der Personalpapiere
(1) Die Wehrpflichtigen haben sich nach
Bekanntmachung der Erfassung innerhalb der festgesetzten Zeit in der für ihren ständigen
Wohnsitz zuständigen Meldestelle der Deutschen Volkspolizei zu melden. Zuständige
Meldestelle ist die Meldestelle, in der der Wehrpflichtige am ersten Erfassungstag
polizeilich gemeldet ist.
(2) Der Wehrpflichtige hat bei der Erfassung: |
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a) abzugeben: |
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- den ausgefüllten Fragebogen
- drei Paßbilder (Zivilkleidung ohne Kopfbedeckung) |
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b) vorzulegen: |
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- den Personalausweis für Deutsche Staatsangehörige bzw. den
Personalausweis für Staatenlose
- das letzte Schulzeugnis und den Nachweis über die erlangte berufliche oder sonstige
Qualifikation
- den Nachweis über Art der Ausbildung bei der Gesellschaft für Sport und Technik bzw.
über Spezialkenntnisse (Deutsches Rotes Kreuz, Luftschutz u. a.)
- die Fahrerlaubnis |
(3) Die Wehrpflichtigen haben sich den
Fragebogen rechtzeitig beim zuständigen Rat der Gemeinde, der Stadt oder des
Stadtbezirkes zu beschaffen.
(4) Können Wehrpflichtige an dem durch Bekanntmachung festgelegten Termin zur Erfassung
auf Grund außergewöhnlicher Umstände nicht erscheinen, so haben sie rechtzeitig
die Erfassungsstelle davon in Kenntnis zu setzen und eine bestätigte Bescheinigung g
vorzulegen bzw. zu übersenden. |
§ 5
Erfassung der Wehrpflichtigen, die sich zum Zeitpunkt der Erfassung nicht am ständigen
Wohnsitz befinden
(1) Wehrpflichtige, die sich zum Zeitpunkt
der Erfassung auf Schulen, Lehrgängen, Kursen oder Arbeitsstellen befinden, haben sich
bei der Meldestelle der Deutschen Volkspolizei zu melden, wo sie polizeilich gemeldet
sind.
"(2) Wehrpflichtige, die als seefahrendes Personal bei der Handelsflotte oder der
Hochseefischerei (nachstehend Seeleute genannt) oder als Binnenschiffer beschäftigt sind,
melden sich bei der Meldestelle der Deutschen Volkspolizei, die für den Hafen
zuständig ist, in dem zum Zeitpunkt der Erfassung das Schiff liegt. Befinden sich
Seeleute und Binnenschiffer zum Zeitpunkt der Erfassung auf Fahrt oder in einem
ausländischen Hafen, so haben sie sich unverzüglich nach Einlaufen ihres Schiffes
im ersten Hafen der Deutschen Demokratischen Republik bei der für diesen Hafen
zuständigen Meldestelle der Deutschen Volkspolizei zur Erfassung zu melden, auch wenn der
Erfassungstermin bereits abgelaufen ist. Befinden sich Seeleute und Binnenschiffer zum
Zeitpunkt der Erfassung an ihrem ständigen Wohnsitz, so melden sie sich bei der dafür
zuständigen Meldestelle der Deutschen Volkspolizei.
(3) Für die Binnenschiffahrt gilt als Hafen im Sinne des Abs. 2 auch eine Anlegestelle in
der Deutschen Demokratischen Republik, an der das Schiff be- oder entladen wird.
(4) Die Deutsche Seereederei der Deutschen Demokratischen Republik und die Betriebe der
VVB Fischwirtschaft haben der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Rostock und die
Deutsche Binnenreederei hat dem Präsidium der Volkspolizei Berlin eine Woche nach
Bekanntmachung der Erfassung eine namentliche Liste der zu erfassenden Wehrpflichtigen,
die sich auf Fahrt befinden, zu übergeben. In der Liste müssen Angaben über die
Heimatanschrift des Wehrpflichtigen, über den Heimathafen sowie über die Zeit und den
Ort des Einlaufens des Schiffes enthalten sein. Nachträgliche Veränderungen sind der
Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei Rostock bzw. dem Präsidium der Volkspolizei
Berlin unverzüglich mitzuteilen.
(5) Wehrpflichtige, die sich zum Zeitpunkt der Erfassung in Kranken- oder Heilanstalten
und Kurheimen befinden, haben sich nach ihrer Entlassung aus diesen Anstalten oder Heimen
bei der für ihren ständigen Wohnsitz zuständigen Meldestelle der Deutschen
Volkspolizei zur Erfassung zu melden. Die Leiter der Anstalten und Heime haben der für
den ständigen Wohnsitz des Wehrpflichtigen zuständigen Meldestelle der Deutschen
Volkspolizei über den Aufenthalt sowie über den Tag der Entlassung des zu
erfassenden Wehrpflichtigen eine Woche nach Bekanntmachung der Erfassung Mitteilung zu
geben.
(6) Wehrpflichtige, die sich zum Zeitpunkt der Erfassung in Urlaub außerhalb des
ständigen Wohnsitzes befinden, sind nachzuerfassen.
Sie haben sich unmittelbar nach Rückkehr vom Urlaub bei der für ihren Wohnsitz
zuständigen Meldestelle der Deutschen Volkspolizei zur Erfassung zu melden.
(7) Wehrpflichtige, die sich in Jugendwerkhöfen befinden, sind durch die für den
Ort der Anstalt zuständige Meldestelle der Deutschen Volkspolizei zu erfassen.
(8) Wehrpflichtige, die sich zum Zeitpunkt der Erfassung in Untersuchungs- oder
Strafhaft befinden, sind durch die jeweilige Haftanstalt oder Strafvollzugsanstalt nach
den Bestimmungen des § 6 zu erfassen.
Zusätzlich sind anzugeben: |
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a) Strafmaß, Straf- bzw. Haftgrund;
b) bei Strafgefangenen, die voraussichtliche Entlassung aus dem Strafvollzug;
c) bei Untersuchungsgefangenen ist nachzumelden: |
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erfolgte Verurteilung mit Strafmaß und Grund. |
Die Entlassung aus der Untersuchungs- oder
Strafhaft ist dem Wehrkreiskommando zu melden.
(9) Die in den Absätzen 7 und 8 genannten Wehrpflichtigen haben sich innerhalb
einer Woche nach Entlassung persönlich bei dem für ihren Wohnsitz zuständigen
Wehrkreiskommando zu melden.
(10) Wehrpflichtige, die sich zum Zeitpunkt der Erfassung vorübergehend bis zu 12
Monaten im Ausland aufhalten, haben sich nach ihrer Rückkehr in die Deutsche
Demokratische Republik unverzüglich bei der für ihren Wohnsitz zuständigen Meldestelle
der Deutschen Volkspolizei zur Erfassung zu melden, soweit keine Anordnung
gemäß § 4 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes vom 24. Januar 1962
(GBl. I S. 2) ergeht. |
Erfassungsverfahren
§ 6
(1) Die Dienststellen der Deutschen Volkspolizei, Abteilung
Paß- und Meldewesen bzw. Meldestelle, haben: |
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a) Erfassungslisten anzulegen, in die die Wehrpflichtigen,
jahrgangsweise, alphabetisch geordnet, aufzunehmen sind;
b) den Fragebogen der Wehrpflichtigen mit ihren persönlichen Dokumenten zu überprüfen
und die Richtigkeit der Angaben zu bestätigen;
c) den Unterlagen beizufügen: |
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- eine Mitteilung über laufende Ermittlungsverfahren
- erforderlichenfalls den Strafregisterauszug; |
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d) die Erfassungslisten, Fragebogen, Paßbilder und die unter
Buchst. c aufgeführten Unterlagen den Wehrkreiskommandos nach Abschluß der Erfassung zu
übergeben. |
(2) Die Erfassungsunterlagen der im § 3
Abs. 8 genannten Wehrpflichtigen sind den für den Sitz der Haft- bzw.
Strafvollzugsanstalt zuständigen Wehrkreiskommandos zu übergeben. Dieses hat die
Erfassungsunterlagen unverzüglich an das für den ständigen Wohnsitz des Wehrpflichtigen
zuständige Wehrkreiskommando weiterzuleiten. |
§ 7
Den Wehrpflichtigen ist eine Bescheinigung über die erfolgte Erfassung
zwecks Vorlage bei ihrer Arbeitsstelle oder Schule auszuhändigen.
§ 8
Die Wehrkreiskommandos der Nationalen Volksarmee haben die
Wehrpflichtigen auf der Grundlage der Erfassungsunterlagen in die Wehrkartei aufzunehmen
und das Wehrstammbuch anzulegen.
III. A b s c h n i t t
Meldepflicht
Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person
(1) Erfaßte Wehrpflichtige unterliegen gemäß § 5 des Wehrpflichtgesetzes der Meldepflicht.
Als erfaßt gelten: |
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a) Wehrpflichtige, die entsprechend dieser Anordnung erfaßt
wurden,
b) gediente Reservisten entsprechend § 1
Abs. 3 der Reservistenordnung vom
24. Januar 1962 (GBl. I S. 21), auch wenn die Ableistung der aktiven Dienstzeit vor
Verkündung des Wehrpflichtgesetzes erfolgte,
c) ungediente Reservisten, die entsprechend § 9 der Reservistenordnung zur Überprüfung
ihrer Kampffähigkeit und Einsatzbereitschaft kurzfristig einberufen wurden,
d) Wehrpflichtige, die sich vor dem Aufruf ihres Jahrganges zur Erfassung
entsprechend § 1 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes freiwillig zur
Ableistung des Dienstes in der Nationalen Volksarmee melden, mit ihrer Meldung beim
zuständigen Wehrkreiskommando. |
Die Meldung der in den Buchstaben b bis d
genannten Wehrpflichtigen zur Erfassung bei Aufruf ihres Jahrganges bleibt dadurch
unberührt.
(2) Die Meldepflicht umfaßt: |
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a) die unverzügliche persönliche Meldung beim
Wehrkreiskommando |
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- über die Änderung des Namens,
- über die Änderung des Wohnsitzes bzw. Wohnungswechsel
(Bei Verlegung des Wohnsitzes in einen anderen Kreis hat die persönliche Meldung beim
Wehrkreiskommando des bisherigen und des neuen Wohnsitzes zu erfolgen),
- über den beabsichtigten Wechsel des Aufenthaltsortes für länger als zwei Monate,
- über die beabsichtigten Auslandsreisen,
- nach der Entlassung aus der Haft- oder Strafvollzugsanstalt gemäß § 5
Abs. 9; |
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b) die unverzügliche schriftliche Mitteilung an das
Wehrkreiskommando unter Angabe von Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnanschrift |
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- über den Wechsel der Arbeitsstelle,
- über die Änderung des Familienstandes, wie Eheschließung, Auflösung der Ehe, Tod des
Ehegatten,
- über die Veränderungen in der Familie, wie Geburt von Kindern, Adoption, Tod von
Kindern oder eines Elternteils,
- über die Änderung des Berufes und der Ausbildung,
- über nachweisbare schwere körperliche oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen,
die die Diensttauglichkeit einschränken oder ausschließen. |
(3) Das Wehrkreiskommando ist berechtigt,
die Wehrpflichtigen zum persönlichen Erscheinen aufzufordern, wenn es zur Berichtigung
der Wehrunterlagen erforderlich ist.
(4) Bei jeder persönlichen Meldung beim Wehrkreiskommando hat der bereits gemusterte
Wehrpflichtige den Wehrpaß vorzulegen. Dies gilt auch für gediente Reservisten.
(5) Die Dienststellen der Deutschen Volkspolizei, Abteilung Paß- und
Meldewesen bzw. Meldestelle, haben den Wehrkreiskommandos den Tod von erfaßten
Wehrpflichtigen unverzüglich mitzuteilen. |
§ 10
Kontrollpflicht
Die Leiter der staatlichen Organe, Einrichtungen und aller Betriebe, die
Wehrpflichtige beschäftigen, sind verpflichtet, die Kontrolle darüber auszuüben, daß
die Wehrpflichtigen ihrer Meldepflicht zur Erfassung nachgekommen sind.
§ 11
Freistellung von der Arbeit
(1) Die Wehrpflichtigen sind am Tage der Erfassung, der persönlichen
Meldung beim Wehrkreiskommando gemäß § 9 Abs. 2 Buchst. a und der
Aufforderung zum persönlichen Erscheinen beim Wehrkreiskommando gemäß § 9
Abs. 3 für die dazu benötigte Zeit von der Arbeit freizustellen.
(2) Für die Dauer dieser Freistellung ist dem Wehrpflichtigen entsprechend § 77 Abs. 1
des Gesetzbuches der Arbeit der Deutschen Demokratischen Republik ein Ausgleich in Höhe
des Durchschnittsverdienstes zu zahlen.
IV. A b s c h n i t t
Straf- und Schlußbestimmungen
§ 12
Strafbestimmungen
Wehrpflichtige, die der Aufforderung zur Erfassung oder beim
Wehrkreiskommando zu erscheinen sowie ihrer Meldepflicht nicht bzw. nicht pünktlich
nachkommen, können nach § 32 des Gesetzes über die allgemeine Wehrpflicht
bestraft werden.
Bei unbegründetem Fernbleiben von der Erfassung kann durch die Deutsche Volkspolizei die
Zuführung erfolgen.
§ 13
Kostenträger
(1) Die mit der Erfassung gemäß §§ 3 und 4 Abs. 2, der Erfüllung der Meldepflicht gemäß § 9 Abs.
2 und dem persönlichen Erscheinen gemäß § 9 Abs. 3 verbundenen Kosten
(außer Fahrkosten über 1 DM) trägt der Wehrpflichtige.
(2) Die Fahrkosten im Zusammenhang mit der Erfassung ab 1 DM aufwärts werden bei Vorlage
der Fahrkarten durch die Meldestellen der Deutschen Volkspolizei bei der Erfassung
zurückerstattet. Eine mehrfache Rückerstattung erfolgt nicht, wenn der Wehrpflichtige
aus eigenem Verschulden zum nochmaligen Erscheinen aufgefordert wird. Bei
Zuführung gemäß § 12 trägt der Wehrpflichtige die Fahrkosten.
(3) Die Fahrkosten im Zusammenhang mit der Erfüllung der Meldepflicht und dem
persönlichen Erscheinen ab 1 DM aufwärts werden bei Vorlage der Fahrkarten durch das
Wehrkreiskommando zurückerstattet. Eine Rückerstattung erfolgt nicht, wenn der
Wehrpflichtige die Meldepflicht entsprechend § 9 Abs. 2 nicht
eingehalten hat.
§ 14
Durchführungsbestimmungen
Durchführungsbestimmungen zu dieser Anordnung erlassen |
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a) der Minister für Nationale Verteidigung,
b) die Leiter der zuständigen zentralen staatlichen Organe in Übereinstimmung mit dem
Minister für Nationale Verteidigung. |
§ 15
Inkrafttreten
Diese Anordnung tritt mit ihrer Verkündung in Kraft.[2]
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