Anordnung
des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Erfassung, Musterung und Einberufung von Wehrpflichtigen.
(Musterungsordnung)

Vom 30. Juli 1969


Auf Grund des § 34 des Wehrpflichtgesetzes vom 24. Januar 1962 (GBl. I, S. 2) und des § 21 des Verteidigungsgesetzes vom 20. September 1961 (GBl. I S. 175) wird zur Durchführung der §§ 8 bis 20 und 31 des Wehrpflichtgesetzes und des § 2 des Verteidigungsgesetzes angeordnet:

I.  A b s c h n i t t
Die Erfassung

§ 1

Zur Vorbereitung der Musterung und Einberufung hat die Deutsche Volkspolizei dem zuständigen Wehrkreiskommando die notwendigen Angaben über

a) die wehrpflichtigen Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
b) die Staatenlosen, die ihren ständigen Wohnsitz im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik haben,

zu übergeben. Der betreffende Jahrgang bzw. Personenkreis wird vom Minister für Nationale Verteidigung bestimmt.

§ 2

(1) Die Erfassung erfolgt nach den Unterlagen der Deutschen Volkspolizei.
(2) Die Deutsche Volkspolizei kann zur Vervollständigung ihrer Unterlagen von staatlichen Organen, Betrieben, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen bzw. Bürgern, die notwendigen Angaben verlangen.

II.  A b s c h n i t t
Die Musterung

§ 3

(1) Die Musterung wird vom Wehrkreiskommando in Zusammenarbeit mit dem Rat des Kreises vorbereitet und durchgeführt.
(2) Zuständig für die Musterung ist das Wehrkreiskommando, in dessen Bereich der Wehrpflichtige polizeilich gemeldet ist. Der Minister für Nationale Verteidigung kann eine andere Zuständigkeit festlegen.
(3) Die staatlichen Organe, Betriebe, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen bzw. die Bürger sind verpflichtet, dem Wehrkreiskommando zur Vorbereitung der Musterung die erforderlichen Angaben bzw. Unterlagen zu. übergeben, wenn sie dazu aufgefordert werden.
(4) Die Musterung von Wehrpflichtigen, die sich vor Aufruf ihres Jahrganges freiwillig zur Ableistung des Wehrdienstes bereit erklären, ist nicht erforderlich. In diesen Fällen ist eine Diensttauglichkeitsuntersuchung ausreichend. Im übrigen finden für diese Wehrpflichtigen die Bestimmungen dieser Anordnung entsprechend Anwendung.

§ 4

(1) Der zu musternde Jahrgang bzw. Personenkreis und der Musterungstermin sind öffentlich bekanntzugeben. Der Rat des Kreises, der Stadt, des Stadtbezirkes oder der Gemeinde ist verpflichtet, nach Aufforderung durch das Wehrkreiskommando, den Aushang der öffentlichen Bekanntmachung zu veranlassen.
(2) Den Wehrpflichtigen ist vor Beginn der Musterung durch das Wehrkreiskommando ein persönliches Aufforderungsschreiben zuzustellen. Wehrpflichtige, die bis zum Beginn der Musterung kein persönliches Aufforderungsschreiben erhalten haben, aber zu dem aufgerufenen Jahrgang bzw. Personenkreis gehören, sind verpflichtet, sich unverzüglich bei dem für sie zuständigen Wehrkreiskommando zu melden.
(3) Wehrpflichtige, die zu einem anderen als dem nach Abs. 1 genannten Jahrgang bzw. Personenkreis gehören und noch nicht gemustert wurden, können in die Musterung einbezogen werden, ohne daß ein besonderer Aufruf erfolgt, Sie erhalten nur ein persönliches Aufforderungsschrei ben.

§ 5

(1) Das Wehrkreiskommando hat dafür zu sorgen, daß alle Angehörigen des zu musternden Jahrganges bzw. Personenkreises in der festgesetzten Zeit gemustert werden.
(2) Die Wehrpflichtigen haben zu dem festgesetzten Termin und am angegebenen Ort zur Musterung zu erscheinen, es sei denn, es wird gemäß Abs. 3 ein anderer Termin festgesetzt.
(3) Wehrpflichtige, die zu dem vom Wehrkreiskommando festgesetzten Musterungstermin nicht erscheinen können, haben die Hinderungsgründe dem Wehrkreiskommando unverzüglich mitzuteilen, damit ein neuer Musterungstermin festgesetzt werden kann.
(4) Die staatlichen Organe, Betriebe, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen haben zu gewährleisten, daß die Wehrpflichtigen ihrer Pflicht, zur Musterung zu erscheinen, nachkommen können. Befinden sich Wehrpflichtige auf Grund von Arbeitsrechts- bzw. Dienstverhältnissen oder Entscheidungen von Gerichten über die Dauer der Musterung hinaus außerhalb ihres Wohn- bzw. Arbeitsortes, so haben die im Satz 1 genannten Organe oder Einrichtungen dies dem zuständigen Wehrkreiskommando mitzuteilen, sofern die Wehrpflichtigen dadurch nicht zur Musterung erscheinen können.
(5) Der Minister für Nationale Verteidigung kann für Personengruppen, die auf Grund ihrer Tätigkeit bzw. aus anderen Gründen nicht zu den festgelegten Zeiten zur Musterung erscheinen können, den Termin der Musterung festlegen.

§ 6

(1) Für die Durchführung der Musterung ist durch das Wehrkreiskommando in Zusammenarbeit mit den örtlichen Staatsorganen in seinem Zuständigkeitsbereich die erforderliche Anzahl Musterungsstützpunkte zu schaffen.
(2) Der Rat des Kreises, der Stadt, des Stadtbezirkes bzw. der Gemeinde hat für die Musterungsstützpunkte geeignete, möglichst zusammenhängende Räume in der erforderlichen Anzahl zur Verfügung zu stellen. Sie sind mit der medizinischen Ausrüstung und dem sonstigen notwendigen Inventar auszustatten.
(3) Durch den Rat des Kreises, der Stadt (außer kreisangehörige Städte) bzw. des Stadtbezirkes sind im Einvernehmen mit dem Wehrkreiskommando der Musterungskommission die erforderlichen medizinischen Fachkräfte (Ärzte und mittleres medizinisches Personal) sowie verwaltungstechnisches und darüber hinaus notwendiges Personal im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen.
(4) Zur Verwirklichung der dem Rat des Kreises, der Stadt bzw. des Stadtbezirkes oder der Gemeinde in den Absätzen 2 und 3 gestellten Aufgaben sind alle volkseigenen Betriebe, staatlichen Einrichtungen und Institutionen, unabhängig von ihrem Unterstellungsverhältnis, verpflichtet, die vom Rat geforderten Leistungen zu erfüllen.

§ 7

(1) Durch das Wehrkreiskommando ist für jeden Musterungsstützpunkt eine Musterungskommission zu bilden. Die Mitglieder der Musterungskommission werden vom Leiter des Wehrkreiskommandos im Einvernehmen mit den zuständigen Leitern eingesetzt.
(2) Die Musterungskommission setzt sich wie folgt zusammen:

a) Vorsitzender: Leiter des Wehrkreiskommandos bzw. ein anderer verantwort licher Mitarbeiter des Wehrkreiskommandos
b) Mitglieder: - der Stellvertreter des Vorsitzenden für Inneres des Rates des Kreises, der Stadt (außer kreisangehörige Städte) bzw. des Stadtbezirkes oder ein von ihm beauftragter Mitarbeiter
- ein Vertreter des Ministeriums für Staatssicherheit
- drei Ärzte, die vom Rat des Kreises, der Stadt (außer kreisangehörige Städte) bzw. des Stadtbezirkes benannt werden (davon ein leitender Arzt).

(3) Die Einsetzung der Mitglieder der Musterungskommission hat für die gesamte Dauer der Musterung zu erfolgen. Eine Auswechselung von Mitgliedern der Musterungskommission darf nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden.
(4) Die Musterungskommission kann zu ihrer Beratung andere Personen, insbesondere Fachärzte, Mitarbeiter staatlicher oder wirtschaftsleitender Organe oder Mitarbeiter von Betrieben, entsprechend der Notwendigkeit hinzuziehen. Darüber hinaus ist sie berechtigt, Auskünfte bzw. Unterlagen von staatlichen Organen, Betrieben, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen bzw. Bürgern einzuholen. Sie ist berechtigt, Ärzte von der Schweigepflicht zu befreien.
(5) Die Musterungskommission arbeitet auf der Grundlage des Wehrpflichtgesetzes, dieser Anordnung und der Bestimmungen des Ministers für Nationale Verteidigung. Der Leiter des Wehrkreiskommandos ist berechtigt, den Mitgliedern der Musterungskommission zur ordnungsgemäßen Durchführung der Musterung Weisungen zu erteilen.

§ 8

(1) Die Wehrpflichtigen unterliegen während der Musterung der medizinischen Untersuchung zur Feststellung der Diensttauglichkeit.
(2) Über die Tauglichkeit ist von der Musterungskommission folgende Entscheidung zu treffen:

a) tauglich
b) zeitlich dienstuntauglich oder
c) dauernd dienstuntauglich.

(3) Die medizinische Untersuchung ist auf der Grundlage der vom Ministerium für Nationale Verteidigung herausgegebenen Bestimmungen durchzuführen und einschließlich notwendiger Facharztbegutachtungen möglichst an einem Tag abzuschließen.
(4) Die Wehrpflichtigen haben den zumutbaren Forderungen zur Herstellung bzw. Erhaltung der Diensttauglichkeit nachzukommen.
(5) Die Wehrpflichtigen haben sich nach Aufforderung einer Röntgenuntersuchung zu unterziehen. Der Rat des Kreises, der Stadt (außer kreisangehörige Städte) bzw. des Stadtbezirkes hat in Zusammenarbeit mit dem Wehrkreiskommando die Röntgenuntersuchung zu organisieren und dafür zu sorgen, daß das Ergebnis der Röntgenuntersuchung rechtzeitig bei der Musterungskommission bzw. beim Wehrkreiskommando vorliegt.
(6) Für die Diensttauglichkeitsuntersuchung gelten die §§ 6 und 8 Absätze, 1 bis 5 entsprechend.

§ 9

(1) Eine Zurückstellung vom aktiven Wehrdienst, Wehrersatzdienst oder Reservistenwehrdienst hat nur in Ausnahmefällen und nur für einen befristeten Zeitraum zu erfolgen. Für die Beurteilung der gesellschaftlichen Notwendigkeit einer Zurückstellung ist der Bedarf der Nationalen Volksarmee und der Organe des Wehrersatzdienstes maßgebend. Eine Zurückstellung von der Überprüfung der Reservisten gemäß § 30 des Wehrpflichtgesetzes ist nicht statthaft.
(2) Während der Musterung entscheidet über die Zurückstellung die Musterungskommission auf Grund vorliegender Anträge. Außerhalb der Musterung entscheidet darüber der Leiter des Wehrkreiskommandos. Der Antrag auf Zurückstellung hat für die Einberufung keine aufschiebende Wirkung. Dem Antragsteller ist innerhalb von 14 Tagen nach der Musterung bzw. nach der Entscheidung des Leiters des Wehrkreiskommandos Bescheid zu erteilen.
(3) Fallen die Gründe der Zurückstellung vorzeitig weg, dann hebt der Leiter des Wehrkreiskommandos die Zurückstellung auf. Ist eine Aufhebung der Zurückstellung aus anderen Gründen notwendig, so entscheidet darüber der Chef des Wehrbezirkskommandos.

§ 10

(1) Die gemusterten Wehrpflichtigen erhalten nach Abschluß der Musterung durch das Wehrkreiskommando Wehrdokumente. Die Aushändigung der Wehrdokumente erfolgt in der Regel am Tage der Musterung. Die während der Musterung als dauernd dienstuntauglich festgestellten Wehrpflichtigen erhalten kein Wehrdokument, sondern einen Ausmusterungsschein.
(2) Der Wehrpflichtige ist für die sorgfältige Aufbewahrung der Wehrdokumente und deren Schutz vor Mißbrauch verantwortlich.
(3) Wehrpflichtige, die in das Ausland reisen, haben die Wehrdokumente vor ihrer Ausreise persönlich beim Wehrkreiskommando für die Zeit des Auslandsaufenthalts zu hinterlegen.

§ 11

(1) Zur Entscheidung über Beschwerden gemäß § 19 des Wehrpflichtgesetzes, denen das Wehrkreiskommando nicht stattgegeben hat, ist eine Kommission zuständig, die sich aus dem Chef des Wehrbezirkskommandos und dem Stellvertreter des Vorsitzenden für Inneres des Rates des Bezirkes zusammensetzt. Bei ihrer Tätigkeit kann sie den Bestimmungen des § 7 Abs. 4 entsprechend verfahren.
(2) Dem Beschwerdeführenden ist durch den Leiter des Wehrkreiskommandos bzw. bei Entscheidungen durch die Beschwerdekommission gemäß Abs. 1 durch den Chef des Wehrbezirkskommandos Mitteilung über die Art der Entscheidung zu geben. Die Entscheidung der Beschwerdekommission ist endgültig.

III.  A b s c h n i t t
Die Einberufung

§ 12

Der Minister für Nationale Verteidigung bestimmt:
a) den Jahrgang und den Zeitpunkt der Einberufung von Wehrpflichtigen zum aktiven Wehrdienst oder zum Wehrersatzdienst
b) den Zeitpunkt und den Personenkreis der Einberufung zum Reservistenwehrdienst sowie die Dauer des Reservistenwehrdienstes.

§ 13

(1) Zuständig für die Einberufung von Wehrpflichtigen zum aktiven Wehrdienst, zum Wehrersatzdienst oder zum Reservistenwehrdienst ist das Wehrkreiskommando.
(2) Das Wehrkreiskommando entscheidet über die Einberufung der Wehrpflichtigen zu den einzelnen Teilstreitkräften oder Waffengattungen der Nationalen Volksarmee bzw. zu den Organen des Wehrersatzdienstes auf Grund der Musterungsergebnisse sowie des Bedarfs der Nationalen Volksarmee und der Organe des Wehrersatzdienstes. Es kann den Wehrpflichtigen zu einer anderen als der von der Musterungskommission festgelegten Waffengattung einberufen, wenn das notwendig ist.
(3) Das Wehrkreiskommando kann vor der Einberufung bei Notwendigkeit eine nochmalige Überprüfung der Wehrpflichtigen auf Eignung zur Heranziehung zum aktiven Wehrdienst, Wehrersatzdienst oder Reservistenwehrdienst durchführen (Einberufungsüberprüfung). Die §§ 6 und 8 gelten entsprechend.
(4) Zur Überprüfung der Reservisten gemäß § 30 des Wehrpflichtgesetzes können gediente und ungediente Reservisten einberufen werden, auch wenn sie noch nicht erfaßt oder gemustert wurden.
(5) Die Einstellung von Wehrpflichtigen in den Dienst des Ministeriums für Staatssicherheit ist eine Einberufung im Sinne des Abs. 1. Diese Einstellung erfolgt in eigener Zuständigkeit durch die Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit. Die Einstellung ist dem zuständigen Wehrkreiskommando spätestens am Tage der Einstellung schriftlich mitzuteilen.

§ 14

(1) Die zur Einberufung vorgesehenen Wehrpflichtigen erhalten durch das Wehrkreiskommando einen Einberufungsbefehl. Die Einstellung von Wehrpflichtigen in den Dienst des Ministeriums für Staatssicherheit gemäß § 13 Abs. 5 erfolgt nach den im Ministerium für Staatssicherheit geltenden Bestimmungen.
(2) Der Einberufungsbefehl beinhaltet den Zeitpunkt und den Ort des Eintreffens und die zu leistende Art des Wehrdienstes.
(3) Der Wehrpflichtige ist ab 0.00 Uhr des im Einberufungsbefehl festgelegten Einberufungstages Angehöriger der Nationalen Volksarmee bzw. des Organs des Wehrersatzdienstes.
(4) Die Wehrpflichtigen haben sich spätestens 3 Tage vor ihrer Einberufung unter Vorlage des Einberufungsbefehls und des persönlichen Wehrdokuments bei der für ihren Wohnsitz zuständigen Meldestelle der Deutschen Volkspolizei zum Wehrdienst abzumelden. Das gilt nicht bei der Einberufung zum Reservistenwehrdienst oder bei der Einberufung im Verteidigungszustand.
(5) Der Einberufungsbefehl berechtigt zur Freifahrt vom Wohnort zum Einberufungsort.

IV.  A b s c h n i t t
Mitteilungspflicht, Freistellung von der Arbeit und Kosten

(1) Der Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person gemäß § 5 des Wehrpflichtgesetzes unterliegen:

a) Wehrpflichtige von dem Zeitpunkt der Erfassung an, soweit sie zum persönlichen Erscheinen aufgefordert wurden
b) Wehrpflichtige mit dem Zeitpunkt, an dem sie die Aufforderung zur Musterung erhalten, soweit sie nicht bereits von den Bestimmungen unter Buchst. a erfaßt sind
c) gediente Reservisten, auch wenn die Ableistung des Wehrdienstes vor Verkündung des Wehrpflichtgesetzes bzw. Einberufung zur Überprüfung der Reservisten gemäß § 30 des Wehrpflichtgesetzes vor der Erfassung bzw. Musterung erfolgte
d) Wehrpflichtige, die sich freiwillig zur Ableistung des aktiven Wehrdienstes, Wehrersatzdienstes oder Reservistenwehrdienstes melden, mit ihrer Meldung beim zuständigen Wehrkreiskommando.

(2) Nach Vollendung des 35. Lebensjahres des Wehrpflichtigen beschränkt sich die Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person auf Änderungen des Wohnsitzes und Auslandsreisen. Das gilt nicht für Wehrpflichtige, die vom Wehrkreiskommando besondere Auflagen erhalten haben.
(3) Dauernd dienstuntaugliche Wehrpflichtige unterliegen nicht der Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person. Die Pflichten nach § 17 Satz 2 und § 18 des Wehrpflichtgesetzes bleiben davon unberührt.
(4) Das Wehrkreiskommando ist berechtigt, die Wehrpflichtigen zum persönlichen Erscheinen aufzufordern, wenn es zur Berichtigung der Wehrunterlagen erforderlich ist.
(5) Bei jeder persönlichen Meldung beim Wehrkreiskommando haben die Wehrpflichtigen die Wehrdokumente vorzulegen.
(6) Die Dienststellen der Deutschen Volkspolizei haben dem Wehrkreiskommando die Änderungen des Wohnsitzes und den Tod von erfaßten Wehrpflichtigen unverzüglich mitzuteilen.
(7) Der Minister für Nationale Verteidigung ist berechtigt, staatlichen Organen, Betrieben, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen Pflichten zur Meldung von Tatsachen über Wehrpflichtige aufzuerlegen.

§ 16

(1) Die staatlichen Organe, Betriebe, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen sind verpflichtet, die Wehrpflichtigen für die benötigte Zeit zur Erfassung (soweit persönliches Erscheinen verlangt wird), Musterung, Diensttauglichkeitsuntersuchung, Einberufungsüberprüfung, einschließlich der dazu erforderlichen ambulanten medizinischen Untersuchungen, oder zur Erfüllung der Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person, wenn das persönliche Erscheinen beim Wehrkreiskommando erforderlich ist, von der Arbeit freizustellen.
(2) Für die Dauer der Freistellung von der Arbeit gemäß Abs. 1 ist den Wehrpflichtigen, die in einem Arbeitsrechtsverhältnis stehen bzw. die Mitglieder von Genossenschaften sind, durch die staatlichen Organe, Betriebe, gesellschaftlichen Organisationen oder sonstigen Einrichtungen ein Ausgleich in Höhe des Durchschnittsverdienstes zu zahlen. Dieser Anspruch besteht nicht, wenn der Wehrpflichtige das persönliche Erscheinen selbst verschuldet hat bzw. seiner Mitteilungspflicht über Veränderungen zur Person nicht unverzüglich nachgekommen ist.

§ 17

(1) Der Rat des Kreises, der Stadt (außer kreisangehörige Städte) bzw. des Stadtbezirkes trägt die mit der Musterung oder Diensttauglichkeitsuntersuchung gemäß den §§ 6 und 8 Absätze 5 und 6 sowie mit der Einberufungsüberprüfung gemäß § 13 Abs. 3 verbundenen Kosten.
(2) Die Erstattung von Fahrkosten, die dem Wehrpflichtigen bei der Erfüllung der Wehrpflicht entstehen, regelt der Minister für Nationale Verteidigung.

V.  A b s c h n i t t
Sonderbestimmungen für den Verteidigungszustand

§ 18

(1) Die Wehrpflichtigen können im Verteidigungszustand einberufen werden, ohne gemustert zu sein; Musterungskommissionen werden nicht mehr gebildet. Alle Rechte, die sich aus dieser Anordnung für die Musterungskommission bzw. Beschwerdekommission ergeben, gehen auf das Wehrkreiskommando bzw. Wehrbezirkskommando über. Die im Zusammenhang mit der Musterung und Einberufung für die Wehrkreiskommandos festgelegten Fristen sind nicht mehr verbindlich. Über die Art und Weise der Benachrichtigung zur Musterung bzw. Einberufung kann das Wehrkreiskommando selbständig entscheiden, wenn es die Bedingungen des Verteidigungszustandes erfordern.
(2) Für die Verpflichtung von Frauen zu einem Sonderdienst in der Nationalen Volksarmee gelten die gleichen Bestimmungen wie für die männlichen Wehrpflichtigen. Mit ihrer Einberufung werden die Frauen Angehörige der Nationalen Volksarmee.
(3) Staatenlose, die ihren ständigen Wohnsitz in der Deutschen Demokratischen Republik haben, unterliegen im Verteidigungszustand der Wehrpflicht.
(4) Der Minister für Nationale Verteidigung bestimmt die zur Vorbereitung der Einberufung im Verteidigungszustand notwendigen Maßnahmen.

VI.  A b s c h n i t t
Schlußbestimmungen

§ 19

Durchführungsbestimmungen oder militärische bzw. innerdienstliche Bestimmungen zu dieser Anordnung erlassen:

a) der Minister für Nationale Verteidigung
b) die Leiter der zuständigen zentralen staatlichen Organe in Übereinstimmung mit dem Minister für Nationale Verteidigung.

§ 20

(1) Diese Anordnung tritt am 1. September 1969 in Kraft.
(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:
a) die Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 24. Januar 1962 über die Erfassung der Wehrpflichtigen (Erfassungsordnung) (GBl. I S. 13)
b) die Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik vom 13. März 1963 zur Änderung der Erfassungs-, der Musterungs- und der Reservistenordnung (GBl. I S.5)
c) die Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik vom. 8. Januar 1965 über die Musterung und Einberufung der Wehrpflichtigen (Musterungsordnung) (GBl. I S. 75)
d) die Erste Durchführungsbestimmung vom 10. April 1962 zur Erfassungsordnung, Musterungsordnung und Reservistenordnung (GBl. II S.241)
e) die Erste Durchführungsbestimmung vom 12. März 1965 zur Musterungsordnung*
f) die Zweite Durchführungsbestimmung vom 2. November 1965 zur Erfassungsordnung (GBl. II S. 801)
g) die Zweite Durchführungsbestimmung vom 2. November 1965 zur Musterungsordnung (GBl. II S.802).


  Berlin, den 30. Juli 1969

Der Vorsitzende
des Nationalen Verteidigungsrates
W. Ulbricht


__________
* den Beteiligten direkt zugestellt

 

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Quelle: Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik 1969 I, S. 41-45.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Erfassung, Musterung und Einberufung von Wehrpflichtigen (Musterungsordnung) (30.07.1969), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/ddr/1969/nva-musterungsordnung_ao.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.03.2004
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