Erste Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Bekämpfung
politischer Ausschreitungen.
Vom 30. März 1931.
Auf Grund des § 15 Abs. 1 der Verordnung des
Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28. März 1931
(Reichsgesetzbl. I S. 79) wird hiermit verordnet:
§ 1
Der gemäß § 13 Abs. 1 der Verordnung zur Bekämpfung
politischer Ausschreitungen bestimmte Senat des Reichsgerichts ist
zuständig für die Entscheidung darüber, |
- ob der Beschwerde gegen die Auflösung einer Vereinigung, gegen das Verbot des Tragens
einheitlicher Kleidung oder Abzeichen oder gegen das Verbot einer periodischen
Druckschrift stattzugeben ist, wenn die oberste Landesbehörde oder der
Reichsminister des Innern ihr nicht abgeholfen hat (§ 13 Abs. 2 Satz 4 der Verordnung);
- ob die Entscheidung des Reichsministers des Innern, die der Beschwerde gegen
die Auflösung einer Vereinigung, gegen das Verbot des Tragens
einheitlicher Kleidung oder Abzeichen oder das Verbot einer periodischen Druckschrift
abgeholfen hat, aufrechtzuerhalten ist § 13 Abs. 2 Satz 5 der Verordnung);
- ob eine oberste Landesbehörde einem Ersuchen des Reichsminister des Innern um
die Auflösung einer Vereinigung, um das Verbot des Tragens einheitlicher
Kleidung oder Abzeichen oder um das Verbot einer periodischen Druckschrift entsprechen
muß (§ 13 Abs. 3
der Verordnung).
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§ 2
[1] Der Senat entscheidet auf Grund der ihm von den Beteiligten
vorgelegten Unterlagen. Zu ihrer Ergänzung kann er von den Beteiligten schriftliche
Äußerungen einholen und weitere Erhebungen anstellen, insbesondere
Zeugen und Sachverständige eidlich vernehmen. Auf solche Vernehmungen finden die
Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechende Anwendung. Die Gerichte sind zur
Rechtshilfe nach den Bestimmungen des Titels 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes
verpflichtet.
[2] Der Senat kann mündliche Verhandlung anordnen, zu der die Beteiligten zu laden
sind. Die mündliche Verhandlung ist öffentlich. Die Vorschriften der §§
172, 174 bis 179, 182, 183 und des Titels 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden
Anwendung.
[3] Zwischen der Zustellung der Ladung und der mündlichen Verhandlung muß,
wenn es sich um die Auflösung einer Vereinigung oder das Verbot des Tragens
einheitlicher Kleidung oder Abzeichen handelt, eine Frist von mindestens
einer Woche, wenn es sich um das Verbot einer periodischen Druckschrift handelt, eine
Frist von mindestens drei Tagen liegen. Mit Zustimmung der Beteiligten ist Abkürzung
dieser Fristen zulässig.
§ 3
Auf die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen finden
die Vorschriften des 1. Buches, 1. Abschnitts, Titels 4 der Zivilprozeßordnung
entsprechende Anwendung.
§ 4
Die Entscheidung des Senats über das Verbot einer periodischen
Druckschrift soll innerhalb einer Woche nach dem Tage ergehen, an welchem das Ersuchen um
die Entscheidung des Senats bei ihm eingegangen ist.
§ 5
[1] Die Entscheidungen des Senats erfolgen mit einfacher Mehrheit der Stimmen.
[2] Die Entscheidungen sind schriftlich zu begründen und den Beteiligten
zuzustellen.
§ 6
Als Beteiligte gemäß §§ 2 und 5 gelten |
- im Falle des § 1 Nr. 1
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a) der Reichsminister des Innern,
b) die oberste Landesbehörde,
c) die Landesbehörde, welche die Auflösung der Vereinigung, das Verbot des
Tragens der einheitlichen Kleidung oder Abzeichen oder das Verbot der
periodischen Druckschrift angeordnet hat,
d) die Vereinigung oder der verantwortliche Schriftleiter und der Verleger der
periodischen Druckschrift; |
- im Falle des § 1 Nr. 2
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a) der Reichsminister des Innern
b) die oberste Landesbehörde. |
Die Beteiligten können sich in dem Verfahren durch
Bevollmächtigte vertreten lassen. |
§ 7
Die Zustellung der Ladungen und der Entscheidungen erfolgt nach
den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Zustellung von Amts wegen (§§ 208
ff.).
§ 8
Die Verfahren werden durch die Gerichtsferien nicht gehemmt.
Berlin, den 30. März 1931.
Reichsminister des Innern
Dr. Wirth
Der Reichsminister der Justiz |
Mit Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt |
Dr. Joėl |
Staatssekretär |
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