Gesetz,
betreffend das Verfahren im Falle gerichtlicher Anklagen gegen Mitglieder der
verfassunggebenden Reichsversammlung.
["Reichsimmunitätsgesetz"]
[vom 30. September 1848]
Der Reichsverweser, in Ausführung des Beschlusses der
Reichsversammlung vom 29. September 1848, verkündet als Gesetz:
Art. 1.
Ein Abgeordneter zur verfassunggebenden Reichsversammlung darf vom
Augenblick der auf ihn gefallenen Wahl an, - ein Stellvertreter von dem Augenblick an, wo
das Mandat seines Vorgängers erlischt, - während der Dauer der Sitzungen ohne Zustimmung
der Reichsversammlung weder verhaftet noch in strafrechtliche Untersuchung gezogen werden,
mit alleiniger Ausnahme der Ergreifung auf frischer That.
Art. 2.
In diesem letzteren Falle ist der Reichsversammlung von der
getroffenen Maßregel sofort Kenntniß zu geben, und es steht ihr zu, die Aufhebung der
Haft oder Untersuchung bis zum Schluß der Sitzungen zu verfügen.
Art. 3.
Dieselbe Befugniß steht der Reichsversammlung in Betreff einer
Verhaftung oder Untersuchung zu, welche über einen Abgeordneten zur Zeit seiner Wahl
bereits verhängt gewesen ist.
Art. 4.
Kein Abgeordneter darf zu irgend einer Zeit wegen seiner
Abstimmungen in der Reichsversammlung, oder wegen der bei Ausübung seines Berufes
gethanen Aeußerungen gerichtlich verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur
Verantwortung gezogen werden.
Art. 5.
Vorstehende Bestimmungen treten in Kraft mit dem Tage ihrer Verkündigung im Reichsgesetzblatte.[1]
Frankfurt, den 30. September 1848.
Der Reichsverweser
Erzherzog Johann. |
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Der Reichsminister der Justiz
R. Mohl.
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