Resolution des UN-Sicherheitsrats 707
bezüglich Offenlegung der Programme zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen durch Irak sowie Inspektionen durch UNSCOM und IAEO

vom 15. August 1991


Der Sicherheitsrat,

unter Hinweis auf seine Resolution 687 (1991) vom 3. April 1991 und seine anderen Resolutionen zu dieser Frage,

sowie unter Hinweis auf das Schreiben des Präsidenten des Sicherheitsrats an den Ständigen Vertreter Iraks bei den Vereinten Nationen vom 11. April 1991 (S/22485), in dem er feststellt, daß in Anbetracht der schriftlichen Zustimmung Iraks (Official Records of the Security Council, Forty-sixth Year, Supplement for April, May and June 1991, Dokument S/22456), die Resolution 687 (1991) vollinhaltlich durchzuführen, die in Ziffer 33 der genannten Resolution gestellten Vorbedingungen für eine Waffenruhe erfüllt sind,

mit großer Sorge Kenntnis nehmend von den Schreiben des Generalsekretärs vom 26. und 28. Juni sowie 4. Juli 1991 an den Präsidenten des Sicherheitsrats, mit denen Informationen des Exekutivvorsitzenden der Sonderkommission (Ebd., Dokumente S/22739 und S/22743) und der hochrangigen Mission in Irak (Ebd., Supplement for July, August and September 1991, Dokument S/22761) übermittelt werden, aus denen hervorgeht, daß Irak seinen Verpflichtungen nach Resolution 687 (1991) nicht nachgekommen ist,

ferner unter Hinweis auf die vom Präsidenten des Sicherheitsrats am 28. Juni 1991 abgegebene (Erklärung S/22746), in der er darum ersucht, eine hochrangige Mission zu entsenden, die sich aus dem Exekutivvorsitzenden der Sonderkommission, dem Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation und dem Untergeneralsekretär für Abrüstungsfragen zusammensetzt und die zum frühestmöglichen Zeitpunkt mit den höchsten Vertretern der Regierung Iraks zusammentreffen soll, um die schriftliche Zusicherung zu erlangen, daß Irak bei der Inspektion der von der Sonderkommission bezeichneten Orte sofort voll zusammenarbeiten wird und alle Gegenstände, die von diesen Orten unter Umständen entfernt worden sind, einer sofortigen Inspektion unterziehen lassen wird,

betroffen von dem Bericht der hochrangigen Mission an den Generalsekretär (Official Records of the Security Council, Forty-sixth Year, Supplement for July, August and September 1991, Dokument S/22761, Anlage) über die Ergebnisse ihrer Begegnungen mit den höchsten Vertretern der irakischen Regierung,

ernsthaft besorgt über die dem Rat von der Internationalen Atomenergie-Organisation am 15. (Ebd., Dokument S/22788) und 25. Juli 1991 (Ebd., Dokument S/22837) zur Verfügung gestellten Informationen betreffend die von der Regierung Iraks in flagranter Verletzung der Resolution 687 (1991) getroffenen Maßnahmen,

sowie ernsthaft besorgt über das vom 7. Juli 1991 datierte Schreiben des Ministers für auswärtige Angelegenheiten Iraks an den Generalsekretär sowie spätere Erklärungen und Feststellungen, die beweisen, daß die Notifikationen Iraks vom 18. und 28. April unvollständig waren und daß bestimmte damit zusammenhängende Aktivitäten verschleiert wurden, womit Irak seine Verpflichtungen nach Resolution 687 (1991) in zwei Punkten erheblich verletzt hat,

davon Kenntnis nehmend, daß Irak, wie aus den Schreiben des Generalsekretärs vom 26. und 28. Juni sowie 4. Juli 1991 hervorgeht, seine Zusagen hinsichtlich der Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen, die der Sonderkommission und den Inspektionsgruppen der Internationalen Atomenergie-Organisation gemäß Resolution 687 (1991) zu gewähren sind, nicht vollständig erfüllt hat,

erklärend, daß die volle Offenlegung aller in Ziffer 9 a) der Resolution 687 (1991) verlangten Informationen durch Irak unabdingbar ist, damit die Sonderkommission ihren Auftrag gemäß Ziffer 9 b) der genannten Resolution zur Inspektion der biologischen und chemischen Kapazitäten sowie der ballistischen Flugkörperkapazitäten Iraks und zur Übernahme der Verfügungsgewalt über die darin genannten Gegenstände zum Zwecke ihrer Vernichtung, Beseitigung oder Unschädlichmachung erfüllen kann,

sowie erklärend, daß Irak eine Deklaration aller seiner Nuklearprogramme abzugeben hat, einschließlich jener, bezüglich derer Irak geltend macht, daß sie nicht Zwecken im Zusammenhang mit kernwaffenfähigem Material dienen, damit die Internationale Atomenergie-Organisation unter Heranziehung und mit Unterstützung der Sonderkommission feststellen kann, welches kernwaffenfähige Material beziehungsweise welche Subsysteme oder Komponenten oder damit zusammenhängenden Forschungs-, Entwicklungs-, Unterstützungs- oder Produktionseinrichtungen gemäß Ziffer 13 der Resolution 687 (1991) vernichtet, beseitigt oder unschädlich gemacht werden müssen,

ferner erklärend, daß das erwähnte Versäumnis Iraks, in strikter Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen nach Resolution 687 (1991) zu handeln, eine erhebliche Verletzung der von ihm angenommenen einschlägigen Bestimmungen dieser Resolution darstellt, mit der eine Waffenruhe herbeigeführt wurde und die unerläßlichen Voraussetzungen für die Wiederherstellung des Friedens und der Sicherheit in der Region festgelegt wurden,

weiterhin erklärend, daß Iraks Nichteinhaltung des gemäß dem Vertrag vom 1. Juli 1968 über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Vereinte Nationen, Treaty Series, Vol. 729, Nr. 10485) von ihm mit der Internationalen Atomenergie-Organisation geschlossenen Sicherungsabkommens, wie vom Gouverneursrat der Organisation in seiner Resolution vom 18. Juli 1991 (Official Records of the Security Council, Forty-sixt Year, Supplement for July, August, and September 1991, Dokument S/22812, Anlage, Anhang) festgestellt, einen Verstoß gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen darstellt,

entschlossen, die uneingeschränkte Befolgung der Resolution 687 (1991) und insbesondere ihres Abschnitts C sicherzustellen,

tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,

1. verurteilt Iraks schwerwiegende Verletzung mehrerer der ihm nach Abschnitt C der Resolution 687 (1991) obliegenden Verpflichtungen wie auch der von ihm gemachten Zusagen, mit der Sonderkommission und der Internationalen Atomenergie-Organisation zusammenzuarbeiten, was eine erhebliche Verletzung der einschlägigen Bestimmungen der genannten Resolution darstellt, mit der eine Waffenruhe herbeigeführt wurde und die unerläßlichen Voraussetzungen für die Wiederherstellung des Friedens und der Sicherheit in der Region festgelegt wurden;

2. verurteilt außerdem die in der Resolution des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergie-Organisation vom 18. Juli 1991 festgestellte Nichteinhaltung der Verpflichtungen, die der Regierung Iraks nach dem von ihr mit dieser Organisation geschlossenen Sicherungsabkommen obliegen, was eine Verletzung ihrer Verpflichtungen als Vertragspartei des Vertrages vom 1. Juli 1968 über die Nichtverbreitung von Kernwaffen darstellt;

3. verlangt, daß Irak
  a) ohne weitere Verzögerungen, wie in Resolution 687 (1991) verlangt, eine vollständige und endgültige, alle Aspekte umfassende Offenlegung seiner Programme zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen und von ballistischen Flugkörpern mit einer Reichweite von mehr als einhundertfünfzig Kilometern sowie aller seiner Bestände derartiger Waffen, ihrer Komponenten und Produktionseinrichtungen und ihrer Standorte sowie aller sonstigen Nuklearprogramme vornimmt, einschließlich jener, bezüglich derer Irak geltend macht, daß sie nicht Zwecken im Zusammenhang mit kernwaffenfähigem Material dienen;
  b) der Sonderkommission, der Internationalen Atomenergie-Organisation und ihren Inspektionsgruppen sofortigen, bedingungslosen und uneingeschränkten Zugang zu ausnahmslos allen Gebieten, allen Einrichtungen, allem Gerät, allen Unterlagen und allen Transportmitteln gewährt, die sie zu inspizieren wünschen;
  c) sofort sämtliche Versuche einstellt, Material oder Gerät, das mit seinen Programmen für Kernwaffen, chemische oder biologische Waffen oder ballistische Flugkörper in Zusammenhang steht, oder Material oder Gerät, das mit seinen sonstigen Nuklearaktivitäten zusammenhängt, zu verbergen oder ohne Notifikation und vorherige Zustimmung der Sonderkommission zu verlagern und zu zerstören;
  d) der Sonderkommission, der Internationalen Atomenergie-Organisation und ihren Inspektionsgruppen sofort alle Gegenstände verfügbar macht, zu denen ihnen zuvor der Zugang verwehrt wurde;
  e) der Sonderkommission, der Internationalen Atomenergie-Organisation und ihren Inspektionsgruppen gestattet, zu allen sachdienlichen Zwecken, insbesondere auch zur Inspektion, zur Überwachung, zur Luftbeobachtung, zum Transport oder für logistische Zwecke ohne jedwede Behinderung und nach von der Sonderkommission gegebenenfalls festzusetzenden Bedingungen im gesamten irakischen Hoheitsgebiet Flüge mit Starrflügelflugzeugen und Hubschraubern durchzuführen und ohne Einschränkung ihre eigenen Flugzeuge sowie diejenigen Flugplätze in Irak zu benutzen, die ihres Erachtens für die Tätigkeit der Kommission am besten geeignet sind;
  f) sämtliche wie auch immer gearteten Nuklearaktivitäten, mit Ausnahme des Einsatzes von Isotopen für medizinische, landwirtschaftliche oder industrielle Zwecke, so lange einstellt, bis der Rat feststellt, daß Irak diese Resolution und die Ziffern 12 und 13 der Resolution 687 (1991) uneingeschränkt befolgt, und bis die Internationale Atomenergie-Organisation feststellt, daß Irak das mit ihr geschlossene Sicherungsabkommen uneingeschränkt einhält;
  g) entsprechend seinen früheren Zusagen dafür Sorge trägt, daß die Vertreter der Sonderkommission und der Internationalen Atomenergie-Organisation in den uneingeschränkten Genuß der ihnen gewährten Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen gelangen, und ihre Sicherheit und Bewegungsfreiheit in jeder Hinsicht gewährleistet;
  h) alle Transportmittel und jede ärztliche oder logistische Unterstützung, die von der Sonderkommission, der Internationalen Atomenergie-Organisation und ihren Inspektionsgruppen erbeten werden, sofort zur Verfügung stellt beziehungsweise deren Verfügbarmachung erleichtert;
  i) alle Fragen oder Ersuchen der Sonderkommission, der Internationalen Atomenergie-Organisation und ihrer Inspektionsgruppen umgehend und vollständig beantwortet;

4. stellt fest, daß Irak keinerlei Eigentumsrechte an den gemäß Ziffer 12 der Resolution 687 (1991) zu vernichtenden, zu beseitigenden oder unschädlich zu machenden Gegenständen behält;

5. verlangt, daß die Regierung Iraks ab sofort allen ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen, einschließlich der Verpflichtungen nach dieser Resolution, der Resolution 687 (1991), dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen und dem von ihr mit der Internationalen Atomenergie-Organisation geschlossenen Sicherungsabkommen, ohne Verzug und uneingeschränkt nachkommt;

6. beschließt, mit dieser Angelegenheit befaßt zu bleiben.


Auf der 3004. Sitzung des Sicherheitsrats verabschiedet.

 

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Quelle: Vereinte Nationen, Deutscher Übersetzungsdienst, Resolution 707 vom 15.08.1991.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Resolution des UN-Sicherheitsrats 707 (15.08.1991), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/in/1991res_un-sicherheitsrat_707.html/, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.03.2004
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