Kampfprogramm Sr. Majestät des Königs von Preußen Friedrich Wilhelm IV.

Vom 11. September 1848.


  Die Bedingung, unter welcher ich ein neues Ministerium bilde, ist die, daß als sein erster Akt eine königliche Botschaft an die Nationalversammlung in Berlin ergehe, durch welche der Beschluß desselben vom 7. September als ungesetzlich und mit einer verfassungsmäßigen Monarchie unvereinbar annulliert wird. Es versteht sich von selbst, daß mit diesem entscheidendem Schritt der feste Entschluß Hand in Hand gehen muß, allen Konsequenzen desselben furchtlos entgegenzugehen.

  Nimmt die Versammlung die Botschaft hin, ohne Protest oder andere rebellische Handlung, so folgt als zweite Bedingung die sofortige Verlegung der Sitzungen nach Brandenburg oder einem anderen passenden Orte und 3. das Zurückziehen des Verfassungsentwurfes und der Hansemannschen Gesetze.[1] 4. Bleibt der Landtag daselbst so lange, um ernste Gesetze a) gegen die Tumulte, b) gegen die Klubs, Individuen und Schriften aller Art  . . .  (es folgen noch c) und d)) zu beraten. Sobald diese Beratung glücklich vollendet, wird der Landtag vertragt bis zur Vollendung des neuen Konstitutionsentwurfes.

  Protestiert hingegen die Versammlung gegen das Prinzip der Botschaft, so ist die 2. unerläßliche Bedingung die sofortige Auflösung des Landtags. Erzeugt dieser Akt eine Empörung in Berlin, so muß 3. dieselbe mit unnachsichtiger Strenge unterdrückt werden. Statt durch Gesetze werden dann die sub a)–d) erwähnten Zwecke durch vorläufig und bis zu ihrer Erhebung zu Gesetzen auf dem konstitutionellen Wege gültige Verordnungen erreicht.[2] Endlich wird ein neuer Verfassungsentwurf (dessen Seele der Grundsatz "freies Volk und freier König" sein muß) durch eine anderweit zu berufende Versammlung beraten oder ein solcher oktroyiert, nach dem Rate des Kabinetts.

  Es muß überdem auch sogleich zur Formation eines Staats- oder Geheimrats geschritten werden, der bei uns die Stelle des privy council in England vertritt, und schlage ich zu dessen Präsidenten den Staatsminister v. Schön vor.

 

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Anmerkungen:
[1] Gemeint sind das Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit und das Bürgerwehr-Gesetz, die - trotz dieser Drohung - am 24. September 1848 bzw. am 17. Oktober 1848 mit Zustimmung des Königs erlassen wurden.
[2] Dies bedeutete die Vorwegnahme des königlichen Notverordnungsrechts, das später durch die (revidierte) Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850 eingeführt wurde.


Quelle: Friedrich Frahm: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Bd. 41/II, München/ Berlin 1928, S. 266-267.


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Kampfprogramm Sr. Majestät des Königs von Preußen Friedrich Wilhelm IV. (11.09.1848), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/nzjh/preussen/1848/friedrich-wilhelmIV-kampfprogramm.html, Stand: aktuelles Datum.


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Letzte Änderung: 03.01.2004
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