Rede des Bundesaußenministers Joschka Fischer (Bündnis 90/Die
Grünen) zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Bekämpfung des
internationalen Terrorismus
vom 8. November 2001
Präsident Wolfgang Thierse: Ich erteile Bundesminister Joseph
Fischer das Wort.
(Ulrich Irmer [FDP]: Die Regierung kennen wir ja, wir wollen wissen, was die Grünen
sagen! - Michael Glos [CDU/CSU]: Kommen jetzt wieder Rücktrittsdrohungen, wie gestern
Abend?)
Joseph Fischer, Bundesminister des Auswärtigen:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundeskanzler und die Vorredner haben darauf
hingewiesen, dass es sich bei der jetzt anstehenden Entscheidung um eine der schwierigsten
und auch schwerwiegendsten Entscheidungen des Deutschen Bundestages, der Bundesrepublik
Deutschland in der Außen- und Sicherheitspolitik handeln wird. Diese schwierige und
schwerwiegende Entscheidung wirft selbstverständlich die Frage auf, ob es nicht gangbare,
verantwortbare Alternativen dazu gibt.
Es ist eine Entscheidung, die auf die Frage gründet: Krieg oder Frieden? Es ist d i e
zentrale Entscheidung. Deutschland tut sich vor dem Hintergrund unserer eigenen Geschichte
besonders schwer. Nicht umsonst ist die Menschenwürde in Art. 1 des Grundgesetzes
als unantastbar gesetzt worden: aufgrund der Erfahrungen mit Kriegen und furchtbarer,
blutiger Diktatur. Diese Erfahrung sitzt, quer durch alle Generationen und quer durch alle
politischen Lager, sehr tief; wir haben das im Zusammenhang mit dem Kosovo-Krieg alle
gespürt und erlebt. Der Krieg in diesem Land hat furchtbare Verheerung mit sich gebracht;
an diesem Gebäude kann man es sehen. Aber vor dem Krieg war die Unterdrückung, war die
Diktatur, wurde die Menschenwürde mit Füßen getreten. Das führte zur Zerstörung
Deutschlands und auch dieses Gebäudes.
Insofern haben wir eine Verantwortung, die sich nicht nur auf dem Imperativ gründen kann,
alles zu tun, um Gewalt zu vermeiden. Vielmehr müssen wir der Gewalt dort entgegentreten,
wo sie die elementarsten Grundsätze friedlichen Zusammenlebens gefährdet.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Krieg ist widerwärtig. Es gibt keinen klinisch sauberen Krieg. Zum Wesen des Krieges
gehört es vor allen Dingen, dass es auch unschuldige Opfer gibt. Oft werden, wie wir
wissen, die Ungerechten zuletzt getroffen; es werden viele Gerechte getroffen. Angesichts
der Tragweite der Entscheidung, vor der wir stehen, verstehe ich insofern all die Skrupel,
verstehe ich auch die Emotionen. Aber ich möchte an diesem Punkt nochmals darauf
hinweisen - das habe ich bei meinen jüngsten Reisen, auch in vielen Gesprächen,
wiederholt erfahren -: Nicht Amerika hat angegriffen. Es ist Amerika, es ist das
amerikanische Volk, das angegriffen wurde, und zwar nicht zum ersten Mal.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Am 11. September wurde das Furchtbare, das schon 1993 geplant war - nämlich mit einem
mörderischen Attentat den Nordturm des World Trade Center auf den Südturm stürzen zu
lassen -, Wirklichkeit. Auf diese versuchten Attentate haben die USA damals nicht
militärisch reagiert. In den USA wird jetzt eine Debatte darüber geführt, ob das nicht
ein Fehler war. Man hat polizeilich reagiert, man hat ermittelt, man hat die Beteiligten
festgenommen, vor Gericht gestellt und rechtsstaatlich verurteilt. Das alles hat den 11.
September nicht verhindert.
Niemand, meine Damen und Herren, führt Krieg gegen Afghanistan. Und so furchtbar es ist:
Es gibt so etwas wie eine pazifistische realpolitische Konsequenz. Wir können nicht
überall humanitär intervenieren, das Elend zwar sehen, unser Bestes mit endlichen
Mitteln versuchen - aber nicht allerorts etwas dagegen tun.
Dieselben Kräfte haben in Ägypten zugeschlagen. Dieselben Kräfte haben in Algerien im
vergangenen Jahrzehnt ein Desaster verursacht, das bis zu 100.000 bzw. 150.000 Toten
führte. Wir sind betroffen; ich meine das mit tiefem Ernst. Aber wir können nicht
überall eingreifen. Auch das himmelschreiende Unrecht in Afghanistan ist nicht der
hinreichende Grund für die Abwägung aller Möglichkeiten, sondern die Tatsache, dass
seit dem 11. September von Afghanistan in Verbindung mit al-Qaida und Bin Laden eine
Gefahr für den Weltfrieden und damit auch für uns ausgeht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU
und der FDP)
Dies hat und muss Konsequenzen haben; wir müssen jetzt eingreifen. Ich sage das besonders
vor dem Hintergrund der Grundüberzeugung meiner Partei und meiner Fraktion, die gerade
aus der Forderung "Nie wieder Krieg!" hervorgegangen ist.
Herr Westerwelle, es geht hier - das haben auch
Sie gesagt; ich weiß, dass wir hier die gleiche Position haben - um die elementaren
Grundwerte unserer Demokratie. Aber dazu gehört eben auch, dass es immer wieder junge
Menschen geben wird, die das Recht auf Sitzblockaden wahrnehmen wollen. Das ist auch gut
so; das ist richtig so.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS - Michael Glos [CDU/CSU]:
Sie sind auf unsere Gesetze vereidigt, Herr Außenminister! Sie rufen zum Gesetzesbruch
auf! - Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Ich rufe hier nicht zu Sitzblockaden auf, auch wenn ich mir nicht sicher bin, Herr Glos,
ob Sie Ihre Kandidatenfrage in der CDU/CSU am Ende nicht noch mit Sitzblockaden
entscheiden werden.
(Michael Glos [CDU/CSU]: Nein, Sie rufen zum Gesetzesbruch auf!)
Aber das ist eine völlig andere Frage.
(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Ich rufe hier nicht zu Sitzblockaden auf. Vielmehr stelle ich fest: Zum Wesen einer
offenen Gesellschaft, einer Demokratie gehört es auch, dass junge Menschen Sitzblockaden
machen.
(Michael Glos [CDU/CSU]: Schämen Sie sich! Sie sind der Gleiche geblieben, der Sie immer
waren! Sie sind ein Flegel!)
Man wird mit ihnen diskutieren und ihnen entgegentreten.
(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Da liegen die Nerven aber blank!)
Da, wo sie das Recht übertreten, wird das Recht durchgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, welches Verständnis von Demokratie haben Sie eigentlich, wenn Sie
schon bei einer solch einfachen Aussage hier im Plenum einen derartigen Aufstand machen?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Michael Glos [CDU/CSU]: Flegel in
Flanell! - Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Dem Kanzler ist das ganz schön peinlich!)
Zurück zur Sache. Die entscheidenden Konsequenzen, die wir aus dem 11. September ziehen
müssen, beruhen auf der Grundlage der Sicherheitsratsresolutionen der Vereinten Nationen.
(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Zu früh gelobt, Herr Bundeskanzler!)
In den Sicherheitsratsresolutionen 1368
und 1373 wird klar gemacht,
dass es hier um eine Gefahr für den Weltfrieden geht, dass wir in der Tat alles tun
müssen, um dem derzeit bestehenden terroristischen Netzwerk das Handwerk zu legen und all
denen, die angegriffen werden, Beistand zu leisten. Das wurde durch Ausrufen des
Bündnisfalles gemäß Art. 5 des NATO-Vertrages deutlich gemacht; der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen.
Die entscheidende Frage - das ist die Kernfrage -, vor der wir stehen und um deren
Beantwortung wir uns nicht drücken können, ist - man mag viel über die Strategie, die
die USA eingeschlagen haben, diskutieren und sie meinetwegen auch kritisieren; die USA tun
das selbst -: Können wir in dieser Situation, in der die Bevölkerung und die Regierung
der Vereinigten Staaten angegriffen wurden, unseren wichtigsten Bündnispartner, der auf
diesen Angriff antwortet und sich gegen diesen Angriff auf klarer völkerrechtlicher
Grundlage zur Wehr setzt, allein lassen, ja oder nein? Diese Entscheidung hat dieses Haus
zu treffen.
(Dr. Peter Struck [SPD]: So ist es!)
Wenn diese Entscheidung mit Nein beantwortet wird, wird das weit reichende Konsequenzen
für die Bundesrepublik Deutschland, für deren Sicherheit und deren Bündnisfähigkeit
haben.
(Widerspruch des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])
Ich füge hinzu: Dies wird weitreichende Konsequenzen auch für die weitere Entwicklung
Europas haben. Denn alle unsere Partner in Europa führen die gleiche innenpolitische
Diskussion. Alle - eingeschlossen Großbritannien - haben die gleiche innenpolitische
Stimmung. Aber alle wichtigen Partner kommen zu der Konsequenz, dass es für sie, für
Europa und für unsere gemeinsame Sicherheit ein fataler Fehler wäre, wenn wir die USA
alleine ließen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP -
Wolfgang Gehrcke [PDS]: Das stimmt doch gar nicht!)
Deswegen werden wir uns jetzt dieser Frage zuwenden müssen. Auch an diesem Punkt geht es
nicht darum, irgendein Ziel auszusuchen, sondern es ist für mich eindeutig, wer die
Haftung für die Anschläge vom 11. September dieses Jahres zu übernehmen hat. Er hat sie
übernommen. Es ist eindeutig, dass das Talibanregime nicht nur die eigene Bevölkerung
unterdrückt, sondern dass das Talibanregime Osama Bin Laden und sein Netzwerk aktiv
unterstützt und ihm Rückzugsmöglichkeiten bietet.
An dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei. Wir meinen es ernst damit, dass es sich hier
um eine Gefahr für den Weltfrieden handelt. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir
nichts tun, werden weitere Aktionen folgen. Es wird nicht so sein, dass Zuwarten
irgendetwas positiv verändern wird. Auch wenn wir uns in anderen Bereichen politisch und
humanitär engagieren, wird es nicht so sein, dass irgendetwas anders werden wird. Wir
werden mit dieser Herausforderung fertig werden müssen. Das ist die ganze bittere
Wahrheit.
Dazu wird gehören, dass man die Rückzugsgebiete dieses terroristischen Netzwerkes nicht
mehr akzeptiert, dass man dort die notwendigen militärischen Maßnahmen ergreift und im
Rahmen der Verhältnismäßigkeit, basierend auf den Grundwerten, für die wir einstehen,
alles tut, damit dieses Netzwerk zerschlagen und zerstört wird und nicht weiter das Leben
unschuldiger Menschen gefährden kann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
In diesem Zusammenhang hat der Bundeskanzler ein Gesamtkonzept vorgestellt. Besonderes
Augenmerk verdient eine große internationale Anstrengung. Ich werde in New York nochmals
mit allem Nachdruck in der Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen und in
den vielen Gesprächen, die dort zu führen sind, ansprechen, dass wir eine große
humanitäre Anstrengung für das afghanische Volk in seiner Bedrängnis leisten und dass
wir eine politische Lösung - dabei werden die kommenden Gespräche in den vor uns
liegenden Tagen in New York eine zentrale Rolle spielen - voranbringen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Mit diesem Krieg, der schon 22 Jahre andauert, muss Schluss sein. Das afghanische Volk
braucht eine Perspektive zum Wiederaufbau in Frieden. Es darf nicht mehr hingenommen
werden, dass in diesem Land die höchste Sterblichkeitsrate bei Neugeborenen weltweit
herrscht, dass dieses Land eine dauerhafte Katastrophe für die Menschen darstellt, in dem
Interessen von regionalen Mächten und Kriegsherren sowie die Unterdrückung durch die
Taliban dazu geführt haben, dass dieses Volk seit 22 Jahren keine Perspektive hat.
Auch dem müssen wir uns verpflichtet fühlen, wenn wir uns entscheiden, gemeinsam mit
unseren Partnern militärisch einzugreifen. Ich denke, diese politische Perspektive ist
gemeinsam mit der humanitären Unterstützung von zentraler Bedeutung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Lassen Sie mich an diesem Punkt etwas ansprechen: die Lösung der Regionalkonflikte. Ich
will es anders formulieren: Ich halte es für ziemlich verantwortungslos, wenn behauptet
wird, der Nahostkonflikt sei die Ursache für Bin Laden und Israel trage an der
Entwicklung des islamistischen Terrorismus Schuld. Ich halte dies für eine
verantwortungslose These, weil Israel an der Invasion der Sowjetunion in Afghanistan nicht
schuld gewesen ist. Israel ist am Kaschmir-Konflikt nicht schuld. Israel ist an den
innenpolitischen Problemen auf der arabischen Halbinsel und in anderen Staaten nicht
schuld. Israel ist an der Katastrophe von Algerien nicht schuld. All das muss man wissen.
Auch muss man wissen, Herr Westerwelle, dass Israel seit seiner Gründung in der
arabischen Welt instrumentalisiert wird.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU
und der FDP)
Präsident Wolfgang Thierse: Kollege Fischer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Bonitz?
Joseph Fischer, Bundesminister des Auswärtigen: Nein, ich möchte mit meinen
Ausführungen zum Ende kommen.
Dies möchte ich eindeutig klarstellen. Wir sollten all jenen, die in der Öffentlichkeit
etwas anderes behaupten, entgegentreten. Der Bundeskanzler
hat zu Recht gesagt: Wenn wir morgen den Nahostkonflikt gelöst hätten, wäre das Problem
des islamistischen Terrorismus mitnichten gelöst. - Dennoch ist es sehr wichtig, dass wir
die Regionalkonflikte lösen. Das ist der entscheidende Punkt. Wir müssen im
Nahostprozess vorankommen. Wir setzen darauf, dass unsere amerikanischen Partner im Rahmen
dieser Antiterrorkoalition erneut die Führung übernehmen, und zwar auf der Grundlage
gemeinsamer Positionen. Diese Chance zur Zusammenarbeit mit Europa, mit Russland und dem
VN-Generalsekretär hat es noch nie gegeben. Das sehen wir als einen ganz entscheiden den
Punkt an.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Wir diskutieren hier über die Frage von Krieg und Frieden. Die Angriffe des
islamistischen Terrorismus auf New York und Washington waren kalte Berechnung. Der Tod
Tausender Menschen wurde kalt berechnend in Kauf genommen, um einen großen Konflikt in
der islamisch-arabischen Welt, im Nahen und Mittleren Osten, auszulösen. Weitere
Anschläge werden folgen, wenn wir sie nicht verhindern können, wenn wir den Terroristen
nicht das Handwerk legen. Europa ist ein Nachbar dieser Region. Zu meinen, dass wir
zuwarten könnten, ist ein großer Irrtum; denn wenn die Terroristen erfolgreich wären,
dann würden wir in einem Maße mit der Frage von Krieg und Frieden konfrontiert werden,
wie es sich die meisten Menschen - Gott sei Dank - heute noch nicht einmal träumen
lassen.
Wir sind an dieser Konfliktregion zu nah dran, als dass wir uns der Illusion hingeben
könnten, wir könnten uns heraushalten. Der Einsatz von Gewalt ist die Ultima Ratio und
muss immer die Ultima Ratio bleiben. Aber wenn man mit Gewalt konfrontiert wird und weiß,
dass sie hinter der nächsten Ecke lauert, dann wird man sich gegen sie wehren müssen.
Aber dabei dürfen wir, wie gesagt, nie vergessen, dass der Einsatz von Gewalt die Ultima
Ratio ist. Wir dürfen vor allen Dingen auch nicht vergessen, dass die Probleme in dieser
Region politisch und humanitär gelöst werden müssen; denn im Kern sind sie politische
Probleme.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn wir uns etwas vorzuwerfen haben, dann ist es die Tatsache, dass wir im vergangenen
Jahrzehnt die Illusion hatten, eine Friedensdividende einnehmen zu können, ohne
Investitionen in den Frieden vorzunehmen.
(Zurufe von der FDP - Beifall bei Abgeordneten der FDP)
- Nein, ich möchte Ihnen erklären, woran das liegt - ich hoffe, Sie wollen jetzt nicht
eine Debatte führen, die an diesem Punkt unangebracht wäre -: Der Rückzug der Ersten
Welt in den Unilateralismus - die USA haben ihn Schritt für Schritt vollzogen - ist durch
die Anschläge vom 11. September unterbrochen worden. Für mich ist eine der Lektionen des
11. Septembers, dass die USA nicht wieder in den Unilateralismus zurückgestoßen werden
dürfen. Wer das nicht einsieht, der verkennt, dass die USA gemeinsam mit Europa eine
große Chance haben, Konflikte zu lösen, und der begreift nicht, dass Friedenspolitik im
21. Jahrhundert vor allen Dingen multilaterale Verantwortungspolitik bedeutet, dass wir
nie wieder einen Rückzug der reichen Welt zulassen dürfen - wenn man vor der
Entscheidung steht, ob man militärisch handeln soll oder nicht, ist es meistens schon zu
spät -, dass wir uns vielmehr im Rahmen einer präventiven Friedenspolitik mit der
Lösung der Probleme der Dritten Welt, insbesondere in Asien und Afrika, beschäftigen
müssen - ich betone: präventiv, nicht militärisch - und dass die Länder der reichen
Welt das gemeinsam tun müssen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Wir müssen die Vereinten Nationen deshalb stärken. Sie werden in Afghanistan eine
bedeutende Rolle spielen. Ich behaupte, die Debatte über die Reform der Vereinten
Nationen beginnt jetzt erst. Auch hier haben wir im Rahmen unserer Entscheidungsbefugnisse
Verantwortung zu übernehmen. Die Entscheidung "Deutschland nimmt nicht teil"
würde auch eine Schwächung Europas bedeuten und würde letztendlich bedeuten, dass wir
keinen Einfluss auf die Gestaltung einer multilateralen
Verantwortungspolitik hätten. Genau darum wird es in den kommenden Jahren gehen.
Ich bedanke mich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
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