Rede des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion
Wolfgang Bosbach zum Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes der Bundesregierung sowie der
Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen im Bundestag
vom 1. März 2002[1]
Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) (von der CDU/CSU mit Beifall
begrüßt): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Schily, Sie müssen hier gar nicht so herumbrüllen. Wir
sind hier nicht in Ihrem Ministerium, wir sind hier im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP - Peter Dreßen [SPD]: Was soll
das jetzt?)
Wer gute Argumente hat, muss nicht holzen, der kann mit der Kraft der Argumente
überzeugen.
(Beifall bei der CDU/CSU - Zurufe von der SPD)
Tatsache ist: Dieser Innenminister ändert auch in
puncto Zuwanderung seine Meinung schneller, als sich ein Propeller drehen kann, und
beschimpft heute jene, die das sagen, was er selber noch bis vor kurzem als richtig und
wahr verkündet hat.
(Beifall bei der CDU/CSU)
18. November 1998, Originalton Schily:
Die Grenzen der Belastbarkeit durch Zuwanderung sind überschritten. Auch ein
Zuwanderungsgesetz kann daran nichts ändern; denn die darin festzulegende Quote müsste
auf null gesetzt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
"Süddeutsche Zeitung", 7. Januar 1999:
Frage: Die Wirtschaft sagt, dass sie Zuwanderer benötigt.
Schily: Wenn mir Siemens sagt "Wir brauchen so und so viele", bin ich sofort
bereit. Da brauchen wir kein Zuwanderungsgesetz. Das gehe schon mit dem geltenden
Ausländergesetz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
"Die Zeit":
Frage: Ist es nicht anachronistisch, dass bis heute nur die Opfer staatlicher Verfolgung
Asyl erhalten?
Schily: Wenn das Leben dieser Menschen daheim konkret bedroht ist, schicken wir sie nicht
zurück. Die Sache droht sonst auszuufern. Wo wollen Sie die Grenze für nicht staatliche
Verfolgung ziehen?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Menschen in diesem Lande erwarten, dass der Innenminister
diejenigen, die das zitieren, was er früher selber als richtig erkannt hat, nicht
beschimpft; sie er warten vielmehr einen standhaften und prinzipienfesten Innenminister.
Den können sie haben, aber erst nach dem 22. September. In dieser Wahlperiode bekommen
sie einen solchen nicht mehr.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Frau Kollegin Onur, das mit der Lüge würde ich mir sehr gut überlegen.
(Sebastian Edathy [SPD]: Stimmt aber!)
In der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf heißt es:
Zu den öffentlichen Interessen gehören im Gegensatz zum geltenden Ausländergesetz nicht
länger eine übergeordnete ausländerpolitische einseitige Grundentscheidung der
Zuwanderungsbegrenzung oder der Anwerbestopp.
Sie heben mit diesem Gesetz den seit 1973 geltenden
Anwerbestopp auf. Die Begrenzung der Zuwanderung soll nicht länger im öffentlichen
Interesse liegen. Sie behaupten, als Ergebnis würde das die Zuwanderung nicht erhöhen.
Das ist die glatte Unwahrheit. Die Menschen wissen das.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Kollege Veit, Sie haben in Ihrer Rede gesagt, wir würden um des Prinzips willen, um
der Opposition willen Nein sagen, und behaupten, selbst wenn wir Ihre 16 Kernforderungen
übernähmen, würden wir Nein sagen. Ich mache Ihnen das Angebot: Nehmen Sie unsere 16
Kernforderungen an und wir werden sofort zustimmen! Sie wollen das aber nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU - Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Heute noch!)
Sie haben gesagt, wir hätten auf die Kollegen in unserer Fraktion, die anderer Meinung
sind, Druck ausgeübt, was nicht gut sei. Das war auch von Kollege Özdemir gestern in der
Sendung "Berlin Mitte" zu hören. Wir hätten uns gefreut, wenn Rita Süssmuth,
Heiner Geißler und Christian Schwarz-Schilling mit der Fraktion gestimmt hätten. Wir
respektieren aber, dass sie eine andere Auffassung haben. Der Fraktionsvorsitzende hat in
der Sitzung am Dienstag ausdrücklich darum gebeten, dass auf die Kollegen keinerlei Druck
ausgeübt werde.
(Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Michael Bürsch [SPD]: Warum reden die heute nicht!)
Ich komme nun zu etwas, was infam ist. Sie, Herr Kollege Veit,
haben am 16. November im Deutschen Bundestag - es ging in der Debatte um den
Afghanistan-Einsatz und die Beteiligung beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus -
gesagt:
(Rüdiger Veit [SPD]: Haben wir schon gehört! - Gegenruf des Abg. Michael Glos [CDU/CSU]:
Das kann man nicht oft genug sagen!)
Das war eine Gewissensentscheidung. Wir standen in einem Konflikt, den wir nicht gewollt
haben, sondern der uns leider aufgezwungen worden ist.
Darunter ist der Zwischenruf von Herrn van Essen zu lesen: "Also doch
Erpressung!"
(Sebastian Edathy [SPD]: Sprechen Sie noch zur Sache, Herr Kollege? - Dr. Michael Bürsch
[SPD]: Nun zur Zuwanderung!)
Frau Kollegin Müller, Sie haben hier mit gespielter
Empörung gesagt, Sie könnten uns gar nicht verstehen; die Koalition sei uns so weit
entgegengekommen, dass wir eigentlich zustimmen müssten, ein sachlich begründetes
Argument für unsere Ablehnung gebe es nicht. Sie selber haben als Damendoppel mit der
Vorsitzenden Roth nach der Pressekonferenz mit dem Bundeskanzler gesagt, das Gesetz sei im Kern unverändert. Genau so ist es!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht. Aber wenn Sie sich in der Sache nicht substanziell
bewegt haben, können Sie von uns nicht verlangen, dass wir zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU - Sebastian Edathy [SPD]: Können Sie sich denn noch in der Sache
äußern, Herr Kollege?)
Vizepräsidentin Anke Fuchs: Herr Kollege Bosbach, gestatten Sie eine Zwischenfrage
der Kollegin Müller?
Wolfgang Bosbach (CDU/CSU): Ja.
Vizepräsidentin Anke Fuchs: Bitte sehr.
Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege Bosbach, darf ich
Sie darauf aufmerksam machen, dass ich auf dieser Pressekonferenz - ich weiß noch sehr
genau, was ich dort gesagt habe - wie auch heute im Deutschen Bundestag sehr deutlich
dargestellt habe, in welchen Punkten wir Ihnen entgegengekommen sind und dass das Gesetz in der Substanz natürlich bei seiner modernen
und humanitären Ausrichtung bleibt.
(Lachen bei der CDU/CSU)
- Da brauchen Sie gar nicht zu lachen. Ich habe nicht gesagt - das hat er gerade behauptet
-, das Gesetz sei unverändert geblieben.
Könnten Sie daher bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir Veränderungen vorgenommen haben,
etwa indem wir das Nachzugsalter abgesenkt haben und indem wir im Bereich der Zuwanderung
die Begrenzung ins Gesetz geschrieben haben?
Könnten Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir Ihre Anträge - etwa, es dürfe keine
Orientierung am regionalen Arbeitsmarkt geben und Selbstständige dürften sich nur unter
bestimmten Bedingungen niederlassen - aufgenommen haben? Aber natürlich werden wir nicht
im Kern aus einem Zuwanderungsgesetz ein
Auswanderungsgesetz machen, wie manche Anträge von Ihnen es nahe legen. Nur das habe ich
gesagt. Sind Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wolfgang Bosbach (CDU/CSU): Frau Kollegin Müller, ich danke Ihnen für die lange
Frage, weil sie mir die Möglichkeit gibt, ohne Anrechnung auf die Redezeit lange zu
antworten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Richtig, Sie haben in der Pressekonferenz gesagt, Sie hätten sich auf die Union zubewegt,
allerdings nicht von der Stelle weg; im Kern bleibt alles so, wie es ist.
(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie behaupten schon wieder etwas
Falsches!)
Ich sage Ihnen noch einmal: Da haben Sie Recht.
Beispiel Begrenzung. Wir haben gesagt, es genügt nicht, einen Paragraphen voranzustellen,
in dem zur Begründung der Behauptung, die Zuwanderung würde nicht ausgeweitet, die
Überschrift wiederholt wird, wenn sich aus der Addition der übrigen Vorschriften
unzweideutig ergibt, dass im Gesetz das Gegenteil
geregelt sein wird. Das ist der Grund. Es genügt nicht, in einem Paragraphen das
Gegenteil von dem zu behaupten, was in der Folge im Gesetz
steht.
(Sebastian Edathy [SPD]: Frage ist beantwortet!)
Zweites Beispiel: Kindernachzugsalter. Das geltende Recht sieht 16 Jahre vor, die nicht
bei Beherrschung der deutschen Sprache gelten. Der ursprüngliche Gesetzentwurf hatte die
Altersgrenze auf 14 Jahre reduziert, aber auch die Sprachanforderung auf nur noch
"ausreichende deutsche Sprachkenntnisse" gesenkt. Jetzt haben Sie sich scheinbar
auf die Union zubewegt, indem Sie zwar das Nachzugsalter auf zwölf Jahre reduziert haben,
aber gleichzeitig nur noch das Regelbeispiel "Kenntnisse der deutschen Sprache"
aufgenommen,
(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist im jetzigen Gesetz auch so!)
mit der Folge, dass in der ausländerrechtlichen Praxis nicht die Senkung des
Nachzugsalters, sondern die Heraufsetzung auf 18 Jahre die Folge sein wird. Das ist der
Grund.
(Beifall bei der CDU/CSU - Sebastian Edathy [SPD]: Was sind Sie so familienfeindlich und
kinderfeindlich, Herr Kollege?)
- Herr Kollege, Sie sagen, das sei familienfeindlich. Sie haben offensichtlich eine
völlig falsche Vorstellung davon, was dem Wohle der Familie und insbesondere der Kinder
dient. Es geht nicht um das Zuzugsalter, es geht um das Nachzugsalter, es geht um das
Lebensschicksal derjenigen ausländischen Kinder, die von ihren Eltern, in der Regel zur
Vermeidung von Verwestlichung, ins Herkunftsland zurückgeschickt werden, um dort erzogen
zu werden und zur Schule zu gehen. Wenn Sie glauben, dass das dem Kindeswohl dienen
würde, haben wir in dieser Hinsicht eine völlig unterschiedliche Vorstellung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Sie preisen es als humanitäre Errungenschaft, wenn die Eltern in Deutschland und ihre
kleinen Kinder in der Türkei leben.
(Sebastian Edathy [SPD]: So ein Quatsch!)
Wir sagen, die Kinder sollen mit ihren Eltern gemeinsam in Deutschland leben; sie sollen
hier die deutsche Sprache lernen, weil das dem Wohl der Kinder dient, nicht die Erziehung
in einem anderen Land.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
- Nein, ich lasse keine weiteren Zwischenfragen zu.
Vizepräsidentin Anke Fuchs: Der Redner lässt keine weiteren Zwischenfragen zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch bemerken: Es ist auch sinnvoll, dass
jetzt keine Zwischenfragen mehr zugelassen werden.
(Unruhe bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Ich will das als Präsidentin begründen: Es dient dem Ablauf der Debatte; schließlich
warten schon alle auf die Abstimmung.
Bitte sehr, Herr Bosbach, Sie haben das Wort.
Wolfgang Bosbach (CDU/CSU): Frau Kollegin Müller,
es ist nicht richtig, dass Sie die regionale Betrachtung des Arbeitsmarktes aufgegeben
haben. Das ist gerade der Unterschied zwischen uns - wir sind entschieden anderer
Auffassung -: Sie sind der Meinung, dass nur der regionale Arbeitsmarkt betrachtet werden
müsste, um zu entscheiden, ob wir einen Zuwanderungsbedarf haben oder nicht.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir doch geändert!)
Wir sagen: Angesichts von 4,3 Millionen Arbeitslosen - Tendenz steigend - und knapp 2
Millionen Menschen auf dem zweiten Arbeitsmarkt müssen wir bundesweit zunächst einmal
die Arbeitslosen in Brot und Arbeit bringen, bevor wir weitere Zuwanderung in die
Bundesrepublik Deutschland organisieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])
Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie sich mit dieser Vorschrift nicht auf die
Wirtschaft und auch nicht auf den DGB berufen können. Sowohl die Arbeitgeberverbände als
auch der Deutsche Gewerkschaftsbund
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Begrüßen das Gesetz!)
lehnen diese Vorschrift ausdrücklich ab.
(Beifall bei der CDU/CSU - Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was erzählen
Sie für einen Müll?)
Hinsichtlich Ihres Hinweises auf die Aussage von Kardinal Sterzinsky
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Eine Schande, hat er gesagt!)
und die Meinung der Kirche sage ich: Diejenigen, die hier herumpöbeln, wären
glaubwürdiger, wenn sie auch beim Schutz des ungeborenen Lebens auf die Kirche hören
würden. Aber dann haben Sie mit der Kirche gar nichts am Hut.
(Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Michael Bürsch [SPD]: Unter Ihrem Niveau!)
Sie sagen, Deutschland müsse sich endlich dazu bekennen, ein Einwanderungsland zu sein,
wir müssten unsere Grenzen weiter öffnen, die Menschen würden mobiler und die Grenzen
verlören an Bedeutung. Es geht doch nicht um die Frage, ob wir Zuwanderung haben werden.
Wir haben bereits Zuwanderung und wir werden sie auch in Zukunft haben. 31 Millionen
Menschen sind nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland gekommen; 22 Millionen Menschen
haben unser Land verlassen.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Richtig!)
Nach der Wiedervereinigung sind 12 Millionen Menschen in unser Land gekommen; 10 Millionen
Menschen haben unser Land verlassen. Selbst die Vereinigten Staaten von Amerika hatten
nicht eine so hohe Zuwanderung wie die Bundesrepublik Deutschland. Warum loben Sie denn
nicht endlich einmal die gewaltige Integrationsleistung, die wir in den letzten
Jahrzehnten erbracht haben?
(Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das haben wir doch gemacht!)
Warum stellen Sie unser Land immer in eine bestimmte Ecke?
Es geht doch nur um die Frage - darum dreht sich der politische Streit -, ob wir über den
ohnehin hohen Zuwanderungsdruck hinaus noch mehr Zuwanderung nach Deutschland sowohl aus
humanitären Gründen als auch aus Gründen, die mit dem deutschen Arbeitsmarkt zu tun
haben, zulassen sollen.
(Sebastian Edathy [SPD]: Taktik!)
Die Zahl der Menschen, die wir jedes Jahr in unsere Gesellschaft integrieren müssen,
liegt in der Größenordnung der Einwohnerzahl von Städten wie Nürnberg oder Dortmund.
Es gibt doch unübersehbare Integrationsprobleme in vielen Teilen unseres Landes. Glauben
Sie denn ernsthaft, wir könnten diese Probleme mit mehr Zuwanderung lösen? Wir haben
keinen Mangel an Zuwanderung. Wir haben einen erkennbaren Mangel an Integration.
(Beifall bei der CDU/CSU - Sebastian Edathy [SPD]: Das wollen wir ja ändern, Herr
Kollege! Und Sie blockieren!)
Sie sagen der deutschen Wirtschaft, dass Sie ihren Wünschen nach mehr ausländischen
Arbeitnehmern Rechnung tragen würden - und erweitern die Bleiberechte aus humanitären
Gründen.
(Sebastian Edathy [SPD]: Das ist doch völlig isoliert!)
Sie erweitern den Familiennachzug. Sie heben den Anwerbestopp auf und wollen die
Zuwanderung aus demographischen Gründen. Trotzdem sagen Sie, dass alles dies im Ergebnis
nicht zu mehr Zuwanderung führen würde. Das glauben wir Ihnen nicht und das glaubt Ihnen
auch die Bevölkerung nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie können Politik gegen die Opposition machen; Sie haben die Mehrheit. Sie können auch,
wie das jetzt bei diesem Gesetz der Fall ist, gegen
eine breite Mehrheit in der Bevölkerung Politik machen. - Das geht zwar meistens nicht
lange gut;
(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir ja sehen!)
aber man kann es ja einmal versuchen. - Aber Sie können doch nicht gegen die Realität,
wie sie sich in den Zahlen widerspiegelt, Politik machen.
(Sebastian Edathy [SPD]: Sie machen gegen jede Vernunft Politik! Unvernünftig sind Sie!)
Ich warne davor, die Menschen in unserem Land - 76 Prozent der Bevölkerung wollen nicht
mehr Zuwanderung, 72 Prozent der Wähler der Grünen wollen nicht mehr Zuwanderung, 73
Prozent der Wähler der SPD wollen nicht mehr Zuwanderung -
(Sebastian Edathy [SPD]: An der Sache vorbei!)
in eine rechte Ecke zu stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU - Sebastian Edathy [SPD]: Sie schüren Ängste!)
Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Wir wissen schon, dass wir unter Druck
stehen; das ist hier angesprochen worden. Natürlich, auch wir sehen im Fernsehen und
lesen in der Presse, dass wir diesem Gesetzentwurf zustimmen sollen. 76 Prozent der
Bevölkerung wollen nicht mehr Zuwanderung. Vermutlich sind jedoch 76 Prozent aller
Kommentatoren der Auffassung, dass die Bevölkerung falsch liegt.
(Sebastian Edathy [SPD]: Herr Bosbach, Sie reden wider besseres Wissen!)
Es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen der öffentlichen und der veröffentlichten
Meinung.
(Beifall bei der CDU/CSU -Sebastian Edathy [SPD]: Sie waren einmal ganz vernünftig!)
Mich würde einmal interessieren, ob all die Kommentatoren und Redakteure, die für mehr
Zuwanderung nach Deutschland plädieren,
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir wollen steuern und begrenzen!)
in Stadtvierteln mit überwiegend ausländischer Bevölkerung wohnen. Die Probleme werden
doch je nach Umfeld ganz unterschiedlich wahrgenommen.
(Sebastian Edathy [SPD]: Das ist verantwortungslos, was Sie da machen! - Dr. Michael
Bürsch [SPD]: Demagogische Rede!)
Sie unterstellen uns, wir würden über dieses Thema nicht ausführlich und sachlich,
sondern unter wahltaktischen Gesichtspunkten sprechen. Wenn wir uns in Deutschland
entschließen würden, nicht mehr über das Thema Zuwanderung zu sprechen, begingen wir
einen kapitalen Fehler, weil wir dieses Thema den Rechtsradikalen überlassen würden.
Genau das sollten wir nicht tun.
(Beifall bei der CDU/CSU - Sebastian Edathy [SPD]: Der Zündler warnt vor Brandstiftung!
Das ist doch nicht zu fassen!)
Sie können von uns nicht verlangen, dass wir einem Gesetzentwurf zu stimmen, der nicht
den Interessen des Landes dient und der die Probleme auf dem Arbeitsmarkt und die der
Integration nicht löst, sondern verschärft.
(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist Ihre Wahrnehmung! - Sebastian Edathy [SPD]: Nehmen Sie
einmal die Scheu klappen ab!)
Es ist nicht nur das Recht der Opposition, zu einer solchen Politik Nein zu sagen; es ist
unsere Pflicht.
(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Michael Bürsch [SPD]: Hinsetzen!)
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