Rede des Abgeordneten Dr. Max Stadler (FDP) zum Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes der Bundesregierung sowie der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen im Bundestag

vom 1. März 2002[1]


Dr. Max Stadler (FDP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Merz hat gemeint, es handle sich hier um ein großes Reformprojekt von Bündnis 90/Die Grünen. Meine Beobachtung ist eine völlig andere. Es handelt sich hier um ein Reformprojekt, hinter dem wichtige gesellschaftliche Gruppen stehen: die Kirchen, wichtige Arbeitgeberverbände sowie die Gewerkschaften. Die FDP war es, die sich als erste Partei diesen Wunsch aus der Gesellschaft zu Eigen gemacht hat und einen Gesetzentwurf für ein Zuwanderungsgesetz vorgelegt hat.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben unser Konzept aufgrund der verdienstvollen Darlegungen im Süssmuth-Bericht aktualisiert. Viele der uns wichtigen Punkte sind von Minister Schily im Regierungsentwurf übernommen worden. Wir begrüßen es auch, dass die lange Diskussion jetzt allmählich auf eine Entscheidung "zuwandert". Es handelt sich um eine Entscheidung, die freilich endgültig nicht heute im Bundestag, sondern, wie wir alle wissen, erst im Bundesrat fallen wird.

In dieser Situation werden wir uns trotz einer positiven Grundbewertung heute aus folgenden Gründen der Stimme enthalten:

(Zurufe von der SPD: Aha!)

Erstens. Das von der Bundesregierung und der Koalition in den letzten Tagen gewählte Verfahren, im letzten Augenblick umfangreiche Änderungsanträge zu präsentieren, kann im Interesse der Selbstachtung des Parlaments nicht akzeptiert werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn der Minister zu spät kommt, ist das eine lässliche Sünde. Wenn Sie aber 58 Seiten Änderungsanträge so spät vorlegen, dass man in den eigenen Gremien nicht mehr korrekt darüber beraten kann, dann kann man einem solchen Verfahren nicht durch Zustimmung noch eine Sanktion erteilen.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens. Inhaltlich stellen wir in dem Gesetzentwurf, so wie er jetzt vor liegt, Licht und Schatten fest. Die Regelungen des Zugangs zum Arbeitsmarkt entsprechen im Großen und Ganzen unseren Vorstellungen. Sie sind allerdings sehr bürokratisch ausgefallen.

Drittens. Das Thema Integration wird in dem Gesetzentwurf eher stiefmütterlich behandelt. Es stellt sich nur als Einstieg dar, aber noch nicht als vollständiges Programm.

Viertens. Die ausländerrechtlichen Teile dieses Gesetzentwurfes weisen - wie ich Ihnen im Einzelnen noch darstellen werde - große Lücken auf, sodass wir insgesamt zu einer zwiespältigen Bewertung des Inhalts kommen.

Dennoch möchte ich Ihnen für das weitere Verfahren ankündigen, dass die heutige Stimmenenthaltung als wohlwollende Stimmenenthaltung der FDP zu charakterisieren ist.

(Zustimmung bei der FDP - Lachen bei der SPD - Sebastian Edathy [SPD]: Immerhin!)

Sie wissen alle, dass die Entscheidung in Wahrheit im Bundesrat fällt und Sie wissen auch, dass es dort entscheidend auf die Stimme des SPD/FDP-regierten Bundeslandes Rheinland-Pfalz ankommen wird. Deswegen sage ich dies hier sehr bewusst.

Lassen Sie mich kurz zum Verfahren und dann detaillierter zum Inhalt des Gesetzentwurfes Stellung nehmen. Minister Schily, den wir an anderer Stelle und wegen anderer Themen zuletzt heftig und deutlich kritisiert haben, hat seit der Vorlage seines Gesetzentwurfs im August 2001 mit der FDP-Bundestagsfraktion faire, sachliche und absolut angemessene Beratungen geführt. Dies ist zwar eigentlich selbstverständlich, wird aber von uns dennoch ausdrücklich anerkannt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

Freilich galt dies nur bis zum Mittwoch der letzten Woche. Sie haben alle beobachtet, dass die Bundesregierung und die Koalition dann wieder in das alte Verhalten zurückgefallen sind, das wir schon beim Terrorismusbekämpfungsgesetz Schily II schmerzlich kennen lernen mussten. Wie in dem damaligen Gesetzgebungsverfahren haben Sie auch jetzt wieder in letzter Sekunde umfangreiche Änderungsanträge vorgelegt. Damals bei Schily II haben alle Oppositionsredner dieses Verfahren heftig kritisiert. Die Koalition hat daraufhin versprochen, ein solcher Vorgang werde sich nie mehr wiederholen, schon gar nicht bei einem so wichtigen Gesetz wie dem Zuwanderungsgesetz. Dieses Versprechen datiert vom Dezember; knapp zwei Monate später ist es bereits gebrochen worden.

Meine Damen und Herren, Sie als Koalition ziehen sich jetzt auf das Argument zurück, es sei nicht so schlimm, wenn man Änderungsanträge erst relativ spät präsentiere, denn die Opposition wolle das Gesetz ja so oder so ablehnen. Sie wissen ganz genau, dass dieses Argument in Bezug auf die FDP nicht zu trifft.

(Beifall bei der FDP)

Wir nehmen hier eine grundsätzliche Position ein. Wenn Mitwirkungsrechte der Opposition von der Mehrheit des Hauses zum zweiten Mal in derart massiver Weise missachtet werden, müssen Sie sich den alten Satz gefallen lassen, mit dem wir Sie charakterisieren: Bei Ihnen gilt das gebrochene Wort. So ist es.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Zurufe von der SPD: Oh!)

Meine Damen und Herren, in der Sache selbst bleibt es jedoch dabei, dass die Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt, die wichtige Aufgabe der Integration und die Regelung humanitärer Verpflichtungen ein Gesamtkonzept erfordern.

(Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das ist nicht gelöst!)

Diese drei Teile werden in dem Gesetzentwurf der Koalition und der Bundesregierung freilich in unterschiedlicher Qualität abgehandelt. Im humanitären Bereich hat es in der Sachverständigenanhörung erhebliche Kritik an dem Gesetzentwurf gegeben. Diese Kritik haben sich SPD und Grüne nur zum Teil auf zugreifen getraut, weil sie der Meinung waren, wenn sie der Union im humanitären Bereich entgegenkämen, würden sie eine Zustimmung der CDU/CSU bekommen. Das war aber eine irrige Meinung, wie wir heute feststellen müssen. Deswegen bleiben in diesem Bereich aus unserer Sicht Lücken. Sie hatten nicht den Mut, alte Zöpfe abzuschneiden.

Die FDP hat zum Beispiel seit langem einen verbesserten Zugang von Asylbewerbern zum Arbeitsmarkt gefordert. Wir halten es für richtig, dass hier geborene Kinder und hier aufgewachsene Jugendliche generell unter Ausweisungsschutz gestellt werden.

(Rüdiger Veit [SPD]: Wir auch, aber die Union macht es nicht mit!)

Die Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention müssen endlich zurück genommen werden.

(Beifall bei der FDP)

All dies haben Sie sich nicht anzupacken getraut in der - ich sage es noch einmal - irrigen Meinung, Sie könnten die Union zu einer Zustimmung bewegen, was nicht geschieht.

(Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Ich kann eine Zwischenfrage nicht zulassen, wenn ich nicht gefragt werde.


Präsident Wolfgang Thierse: Also eine Zwischenfrage des Kollegen Beck. Bitte sehr.

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Stadler, nach dem, was Sie gesagt haben, sind wir uns in unseren politischen Vorstellungen inhaltlich sehr nah. Können Sie uns garantieren, dass die Länder Hessen, Baden-Württemberg, Hamburg und Rheinland-Pfalz, in denen die FDP mitregiert, auch mitstimmen werden, wenn wir als rot-grüne Koalition zu einem späteren Zeitpunkt, vielleicht gemeinsam mit der FDP-Fraktion, dahin gehend eine weitere Initiative ergreifen? In diesem Fall könnte sich die Koalition sicher vorstellen, Ihnen in einer weiteren Initiative an diesem Punkt entgegenzukommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Max Stadler (FDP): Lieber Kollege Beck, erstens: Zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt wird es eine rot-grüne Koalition gar nicht mehr geben, so dass sich diese Frage dann erübrigt.

(Beifall bei der FDP - Sebastian Edathy [SPD]: Sehr spät, 30 Jahre noch!)

Zweitens. Was einen nahen späteren Zeitpunkt betrifft, darf ich Sie dar auf verweisen, dass ich hier ja nicht nur Teile unseres eigenen Zuwanderungskonzepts vorgetragen habe, sondern dass die FDP dem im Bundestag schon Taten hat folgen lassen, etwa mit einem Antrag des Kollegen Niebel zum Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was machen Sie in den Ländern?)

Wir wollen, dass im Interesse der Integration von Kindern die Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention zurückgenommen werden, die von der von Ihnen geführten Bundesregierung aufgestellt worden sind. Dazu haben wir schon Initiativen ergriffen.

Im Übrigen spreche ich heute für die Bundestagsfraktion. Unsere Ländervertreter werden in der nächsten Woche - früher war es nicht möglich, weil Sie den endgültigen Gesetzentwurf so spät vorgelegt haben - ihre Haltung koordinieren. Dem greife ich natürlich nicht vor.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, im Bereich der humanitären Regelungen waren in der Öffentlichkeit zwei Themen besonders strittig. Ich möchte daher noch einmal feststellen, dass Personen, die von nicht staatlicher oder geschlechtsspezifischer Verfolgung betroffen sind, ohne hin nach der Genfer Flüchtlingskonvention schutzwürdig sind. Das, was im Gesetzentwurf klargestellt wird, begrüßen wir deswegen, weil damit der internationale Standard festgeschrieben wird. Es ist damit aber kein neuer Asylgrund verbunden. Das ist auch wichtig festzuhalten.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD])

Ferner hat die Diskussion um das Nachzugsalter von Kindern eine große Rolle gespielt. Die FDP war der Meinung, dass man es bei der bisherigen Regelung hätte belassen können. Ich will versuchen, den entscheidenden Punkt der Diskussion herauszuarbeiten. Niemand in diesem Hause ist der Meinung, dass es das Günstigste ist, wenn Kinder im Ausland aufwachsen. Wir alle wollen doch im Interesse der Integration von Kindern, dass sie dort aufwachsen, wo sie vermutlich ihr gesamtes Leben verbringen werden. Aber es geht hier um einen grundrechtlichen Aspekt. Es geht auch darum, dass Eltern für ihre Kinder Entscheidungen zu treffen haben und dass dies durch Art. 6 des Grundgesetzes geschützt wird. Nicht alles, was gewünscht ist, kann den Eltern zwangsweise vom Staat aufoktroyiert werden. Das verkennt die Union in ihrer Argumentation.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gleichwohl kann der gefundene Kompromiss über die Senkung des Nachzugsalters von Kindern auf zwölf Jahre bei einer gleichzeitigen Härtefallregelung noch akzeptiert werden, obwohl ich für die FDP-Fraktion feststelle, dass die gesamte Diskussion in beschämender Weise kleinlich geführt worden ist.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich komme damit zum Thema "Integrationsaufgabe des Staates". Warum ist es denn nicht möglich gewesen, im Zuge dieses Gesetzgebungsverfahrens die fundamentale Bedeutung des Themas Integration mit einer Zweidrittelmehrheit im Hause deutlich zu machen, indem die Aufgabe der Integration als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen wird? Das wäre aus unserer Sicht ein richtiges Signal gewesen. Der Gesetzentwurf selber geht bei diesem Thema zwar in die richtige Richtung, aber ich greife zum Beispiel die Kritik des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche auf: Von einem Gesamtkonzept, das zwischen Bund und Ländern abgestimmt ist, kann noch keine Rede sein; da bleibt für den Gesetzgeber sowohl im Bundestag als auch in den Landtagen noch viel zu tun. Was Sie hier vorlegen, ist immerhin - aber auch nicht mehr - ein erster Einstieg.

(Beifall bei der FDP)

Wenn bei diesem Thema auch Kostenfragen neben sächlich sein mögen, weil es schließlich um viel mehr geht, so muss doch festgestellt werden, dass es zumutbar ist, dass sich Migrantinnen und Migranten, wenn sie über ein entsprechendes Einkommen verfügen, in einer maßvollen Weise etwa an den Kosten für Sprachkurse beteiligen.

(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das steht im Gesetz auch drin!)

Umgekehrt ist es nicht zumutbar, dass der Bund wieder einmal eine Regelung erlässt und Verpflichtungen festschreibt und dann die Kommunen die Kosten tragen müssen. Dazu sind sie derzeit wirklich nicht in der Lage.

(Beifall bei der FDP - Rüdiger Veit [SPD]: Machen wir ja nicht!)

Im Übrigen müssen wir sehen, dass sich die Integrationspolitik nicht nur auf diejenigen beziehen darf, die nach diesem Gesetzentwurf neu nach Deutschland kommen werden, sondern die Aufgabe stellt sich auch für die Ausländer, die sich bereits hier aufhalten, und - das sage ich ganz bewusst - auch in Bezug auf die Kinder und Jugendlichen aus Aussiedlerfamilien.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Kern des gesamten Gesetzgebungsverfahrens: Was war der eigentliche Anlass? Es stellt sich sofort die Frage, wie jemand bei 4 Millionen Arbeitslosen auf die Idee kommen kann, eine - wenn auch maßvolle, begrenzte und gesteuerte - Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt zu erlauben. Meine Damen und Herren, ich stelle die Gegenfrage: Welches Recht haben wir, wenn 1 Million Arbeitsplätze, insbesondere Facharbeiterstellen im Mittelstand, aus dem einheimischen Arbeitsmarkt nicht besetzt werden können, Menschen, die bereit sind, nach Deutschland zu kommen und diese Arbeitsplätze einzunehmen, und Betrieben, die diese Arbeitskräfte dringend benötigen, zu verweigern, dass sie miteinander handelseinig werden, und damit zu verhindern, dass Arbeitsplätze besetzt werden?

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hier kann es nur zwei wirkliche Gegenargumente geben. Das erste Gegenargument wäre, dass damit eine Konkurrenz für Arbeitnehmer - seien es Deutsche, seien es Ausländer, die in Deutschland leben - geschaffen würde. Wer aber diese Befürchtung nährt - die in der Bevölkerung sehr wohl existiert -, der hat das Gesetz nicht gelesen; denn bei der Besetzung von Arbeitsplätzen gilt der Vorrang für Arbeitnehmer aus dem deutschen Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das ist zwar bürokratisch und wird es unseren Betrieben erschweren, ihre Wachstumschancen wahrzunehmen; aber es ist notwendig, um genau dieser Befürchtung entgegenzutreten.

Das zweite Gegenargument, das Sie vorbringen können, wäre, die Integrationskraft Deutschlands werde überfordert. Dies wird bei diesem Gesetz - so vorsichtig, wie es angelegt ist - mit Sicherheit nicht der Fall sein.

Ich sage Ihnen eines, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU: Mit Ihrer Kritik an diesem Teil des Gesetzes - Sie kritisieren das Gesetz, weil es zu mehr Zuwanderung führt - verhalten Sie sich wie ein Patient, der zum Arzt geht, weil er an Bewegungsmangel leidet und sich daher nicht wohl fühlt. Der Arzt verschreibt ihm als Therapie eine Viertelstunde Jogging pro Tag. Diese Therapie lehnt der Patient mit der Begründung ab, dass das zu mehr Bewegung führe. Das ist Ihre Argumentation.

(Beifall bei der FDP, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

Die Diagnose lautet: Trotz hoher Arbeitslosigkeit können Arbeitsplätze nicht besetzt werden, was zum Verlust von Wachstum führt und weshalb keine neuen Arbeitsplätze entstehen. Die Therapie lautet: Wir brauchen etwas mehr Bewegung, etwas mehr Öffnung auf diesem Sektor. Dazu sagen Sie, dies führe zu Zuwanderung. Genau das aber ist in diesem Teil gewollt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Allerdings darf diese Therapie keine Ausrede dafür sein, nicht auch kausal zu therapieren. Wir wollen nicht nur Symptome bekämpfen, sondern wir wollen, dass endlich die Reformen im Bildungssektor angepackt werden,

(Michael Glos [CDU/CSU]: Richtig! So muss es sein! Das hätten Sie gleich sagen müssen, dann hätten wir auch klatschen können!)

damit die eigenen Nachwuchskräfte Chancen bekommen, sich beruflich zu qualifizieren. Wir wollen die Qualifizierung von hiesigen Arbeitslosen. Wir wollen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. All dies darf wegen des Zuwanderungsgesetzes nicht hintan gestellt werden.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass dieses Gesetz, bei dem wir uns heute aus den dargestellten Gründen der Stimme enthalten, bei wichtigen Teilen in die richtige Richtung geht.

(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber eher ein Plädoyer für dieses Gesetz!)

Nach unserer Meinung ist die Diskussion im Bundesrat noch nicht abgeschlossen. Wir wünschen uns, dass am Ende des langen Diskussionsprozesses doch noch ein liberales, modernes Zuwanderungsgesetz zustande kommt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD - Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Wie wollen Sie das im Bundesrat erreichen? - Gegenruf des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Äquidistanz wird auch noch zu schaffen sein!)

 

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Anmerkung:
[1] Im Deutschen Bundestag gaben im Anschluß an die Debatte 587 Abgeordnete ihre Stimme ab. Der Entwurf des Zuwanderungsgesetzes wurde mit 321 zu 225 Stimmen und 41 Enthaltungen angenommen und damit als Gesetz beschlossen.
In seiner Sitzung vom 22. März stimmte der Bundesrat nach heftiger Debatte und einer verfassungsrechtlich umstrittenen Abstimmung, die von lautstarker und vorher abgesprochener "Empörung" der CDU-geführten Länder begleitet wurde, mit einer knappen Mehrheit von 35 Stimmen ebenfalls für das Gesetz.
Bundespräsident Johannes Rau fertigte am 20. Juni 2002 das Zuwanderungsgesetz aus, nachdem er durch sorgfältige Prüfung der verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich der Abstimmung im Bundesrat zu dem Ergebnis gekommen war, dass "zweifelsfrei und offenkundig ein Verfassungsverstoß" nicht vorläge. Er verwies jedoch ausdrücklich auf die Möglichkeit, die Vorgänge der Abstimmung im Bundesrat durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Anschließend wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet und hätte somit zum vorbestimmten Zeitpunkt in Kraft können.
Daraufhin reichten die sechs CDU-regierten Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Saarland, Sachsen und Thüringen wegen der verfassungsrechtlich umstrittenen Bundesratsabstimmung Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts schloss sich am 18. Dezember 2002 der Auffassung der Union an. Er stellte fest, dass die Abstimmung im Bundesrat nicht verfassungsgemäß stattgefunden hatte. Aus diesem Grund trat das Zuwanderungsgesetz, trotz Verkündung im Bundesgesetzblatt, nicht in Kraft.


Quelle: Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode, Stenographischer Bericht der 222. Sitzung vom 01.03.2002 (Plenarprotokoll 14/222).


Empfohlene Zitierweise des Dokumentes:
Rede des Abgeordneten Dr. Max Stadler (FDP) zum Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes der Bundesregierung sowie der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen im Bundestag (01.03.2002), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/brd/2002/rede_stadler_03-01.html, Stand: aktuelles Datum.


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Rüdiger Veit (SPD), Friedrich Merz (CDU), Kerstin Müller (Bündnis 90/Die Grüne), Dr. Max Stadler (FDP), Petra Pau (PDS), Dr. Michael Bürsch (SPD), Michael Glos (CSU), Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen), Roland Claus [I] (PDS), Sebastian Edathy (SPD), Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen), Christel Riemann-Hanewinckel (SPD), Christa Lörcher (fraktionslos), Leyla Onur (SPD), Otto Schily (SPD), Wolfgang Bosbach (CDU), Gerhard Schröder (SPD), Dr. Angela Merkel (CDU), Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Roland Claus [II] (PDS), Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
Reden zum Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern [Zuwanderungsgesetz] im Bundesrat (22.03.2002):
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, Sachsen (CDU); Heide Simonis, Schleswig-Holstein (SPD); Peter Müller [I], Saarland (CDU); Kurt Beck, Rheinland-Pfalz (SPD); Roland Koch, Hessen (CDU); Sigmar Gabriel [I], Niedersachsen (SPD); Jörg Schönbohm, Brandenburg (CDU); Dr. Fritz Behrens, Nordrhein-Westfalen; Herbert Mertin, Rheinland-Pfalz (FDP); Ruth Wagner, Hessen (FDP); Dr. h. c. Manfred Stolpe, Brandenburg (SPD); Otto Schily [I], Bundesinnenminister (SPD); Dr. Edmund Stoiber, Bayern (CSU); Otto Schily [II], Bundesinnenminister (SPD); Peter Müller [II], Saarland (CDU); Sigmar Gabriel [II], Niedersachsen (SPD); Dr. Günther Beckstein, Bayern (CSU); Otto Schily [III] (SPD)
Wortlaut der Abstimmung des Bundesrats über das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) und die daraus resultierenden Anträge bezüglich des festgestellten Abstimmungsergebnisses (22.03.2002)
Erklärung von Bundespräsident Johannes Rau zur Ausfertigung des Zuwanderungsgesetzes am 20. Juni 2002 im Schloss Bellevue in Berlin (20.06.2002)
Begleitbrief des Bundespräsidenten Johannes Rau an den Bundeskanzler und die Präsidenten von Bundestag und Bundesrat bezüglich der Unterzeichnung des Zuwanderungsgesetzes (20.06.2002)
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Letzte Änderung: 03.03.2004
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